Posts Tagged ‘Nanosail D’

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

3. Mai 2011

Heute war Neumond – und eine partielle Sonnenfinsternis: natürlich nur für das Solar Dynamics Observatory, das hier den Mondrand (Berge inklusive; Standbild anklicken für eine große Version)vor dem solaren Plasma in kurzwelligem Licht zeigt. Noch ein anderes Standbild – und eine Amateuraufnahme der H-Alpha-Sonne heute mit 1.5 Mio. Pixeln!

Neufundland im Gegenlicht aus der ISS gesehen – hier ein weiteres Bild.

Liegt da ein geheimes Satelliten-Foto auf dem Tisch des Situation Room des Weißen Hauses während des Angriffs in Pakistan? Das Weiße Haus ließ das „Geheimdokument“ – so die BU – auf diesem berühmten Foto [NACHTRAG: tiefe Gedanken dazu …] verpixeln, aber ein Vergleich (wenn man es unschärfer oder viel kleiner betrachtet) mit Satellitenbildern des Komplexes in Abbottabad legt nahe (so sehen es auch viele Kommentatoren hier [NACHTRAG: und auch dieser Artikel]), dass es sich um eine etwas schräge Ansicht des Hauptgebäudes handelt. Entstanden entweder aus der Luft oder von einem Foto-Aufklärungssatelliten – jedenfalls soll die Welt wohl nicht erfahren, wie scharf es ist.

Dawns Anflug auf Vesta hat „offiziell“ begonnen

in 1.2 Mio. km Abstand von dem großen Asteroiden: Ab jetzt an Hand von Aufnahmen („Letzte Testaufnahmen…“) Vestas vor dem Sternenhintergrund navigiert (anstatt von Radionavigation und anderen Techniken, bei denen der Asteroid selbst nicht mitspielt), während sich die Sonde die nächsten drei Monate mit ihrem Ionenantrieb heran pirscht – der erste Teil der insgesamt 15 Monate währenden Vesta-Phase der komplizierten Mission. Am 16. Juli wird Dawn dann in 15’500 km Abstand in den erste, weiten Orbit eingefangen. Die Anflugphase wird für Test- und Baseline-Messungen der diversen wissenschaftlichen Instrumente genutzt – und für eine fotografische Suche nach Vesta-Monden; von der Erde aus wurden bisher keine entdeckt. (JPL Release, Dawn Journal, Planetary Society Blog 3.5.2011)

Die Jagd nach New-Horizons-Zielen jenseits von Pluto hat begonnen: Mit einigen der größten erdgebundenen Teleskope wird jetzt 2 bis 3 Jahre lang systematisch eine bestimmte Himmelsregion – leider nahe des Sternengewimmels um das Galaktische Zentrum – nach unbekannten Bewohnern des Kuiper-Gürtels abgesucht, von denen die Raumsonde nach ihrem Pluto-Flyby 2015 noch mindestens einen aufsuchen könnte. Mindestens 50 km groß sein sollte er schon. (New Horizons Release 20.4.2011)

Das NanoSail D bleibt 6 bis 12 Monate im Orbit

und nicht nur 70 bis 120 Tage, wie man zunächst gedacht hatte: Der experimentelle Sonnensegler ist nämlich eine flache Fluglage parallel zum Orbit gegangen („flat spin attitude“), wo er nur geringen Luftwiderstand erfährt. So ist die Bahnhöhe von den ursprünglichen 640 km erst um 45 km geschrumpft. Die exotische Orientierung des Segelchens im Raum führt zu sehr unterschiedlicher Sichtbarkeit vom Erdboden aus: Mal hell, zuweilen sogar mit negativer Größe, dann wieder schlicht unsichtbar, wenn der Blick auf die Segel-Kante fällt. Dem niederländischen Satellitenspezialisten Ralf Vandebergh ist am 24. März das wohl erste klar aufgelöste Foto des NanoSail D gelungen, und auch er dokumentierte die extremen Schwankungen der Sichtbarkeit (hier weitere Verarbeitung der Bilder). Derzeit gibt es für Deutschland jede Nacht zwischen 2 und 4 im Prinzip sichtbare Überflüge, von flach bis hoch – was aber kein Vorteil ist. (NASA Release 26., AstroBob 29.4.2011)

Drei Prototypen für „Chip-Satelliten“ kommen auf die ISS, wenn die Endeavour endlich fliegen kann (was nun frühestens am 10. Mai möglich ist): Sie bringt unter dem Projektnamen „Sprite“ drei jeweils ein Quadratzoll große elektronische Gebilde zur Raumstation, die dort im Experiment MISSE-8 mehrere Jahre lang Weltraumbedingungen ausgesetzt werden sollen. Sie sollen einfache Messungen machen und zur Erde funken – und ganze Schwärme derartigen „Satelliten-Staubs“ könnten einst in den Raum entlassen werden, wo sie der Strahlungsdruck der Sonne wie auch der Sonnenwind zu anderen Planeten treiben könnten. (Cornell Chronicle 27., Centauri Dreams 28.4.2011)

Japanischer Erdbeobachter ALOS ausgefallen: kein Strom mehr

Dem Advanced Land Observing Satellite, auch Daichi genannt, ging am 22. April unerwartet und rapide der Strom aus, und der Satellit – der bei der Beobachtung der Tsunami-Folgen nach dem 11. März eine wichtige Rolle spielte – ist wohl verloren. 2006 gestartet und für 3 Jahre ausgelegt, war er allerdings schon in der Verlängerung gewesen. Der Stromausfall erinnert an das unrühmliche Ende des Satelliten ADEOS 2 (siehe Cosmic Mirror #263 Kurzmeldungen) im Herbst 2003. (JAXA Release, Space News, Spaceflight Now 22., SatTrackCam 23., Planetary Society Blog 25.4.2011 – und die neuesten ALOS-PALSAR-Daten aus dem Erdbebengebiet. Auch Xinhua 22.4.2011 zur gelungen Kontaktaufnahme mit dem verschollenen russischen [„Russischer Kartografie-Satellit …“] Geo-IK-2)

Indiens ResourceSat-2 hat die ersten Bilder geschickt, die allerdings noch nicht veröffentlicht wurden – und inzwischen gibt es auch ganz offiziell Bahnelemente des Satelliten („Eine Rakete …“), was gegen eine primäre Nutzung als Aufklärungssatellit spricht; die beste Kamera an Bord, LISS-IV, hat eh‘ nur 6 m Auflösung. (ISRO Press Releases 28., 25.4.2011; The Hindu 26., Indrus 27.4.2011. Auch Parabolic Arc 29.4.2011 zu einem möglichen Einstieg Indiens bei einer US-Mond-Sample-Return-Mission und IANS 25.4.2011 zur vermutlichen Aufklärung des letzten GSLV-Disasters [„Weiter Rätseln …“]: Die russische Nutzlastverkleidung sei Schuld gewesen)

Die Erklärung für die vier Gewinner der CCDev-2-NASA-Dollars

ist publik: Die Weltraumbehörde wollte bei dieser Ausschüttung von 270 Mio.$ („270 NASA-Millionen …“) für die Förderung kommerziellen Transports zur ISS die Entwicklung von Raumkapseln etc. stärker bedenken als die reiner Raketen, weil es davon schon einige in den USA gibt – deswegen hatten weder ULA noch ATK eine Chance. Am stärksten überzeugten Boeing und SpaceX mit ihren geplanten relativ klassischen Raumkapseln CST-100 bzw. Dragon, und um der Vielfalt willen gab es auch noch was für Sierra Nevada mit einem Mini-Shuttle und Blue Origins mit einer Kapsel, die aber auf Düsenstrahl und Füßen landet. Excalibur Almaz fiel dagegen (wegen eines konfusen Business-Plans) ebenso durch wie Orbital Sciences mit einer bemannten Cygnus-Kapsel, die dem Dream Chaser von Sierra Nevada in mehreren Punkten unterlegen schien. (Spaceflight Now 24., The Space Review 25.4., Houston Chronicle 1.5.2011. Auch ein Interview, in dem SpaceX-Chef ab 13:04 von Dragon-Flügen zum Mars fabuliert [auch von AFP berichtet] und ein NASA Release zum ESA-Bekenntnis zur ISS)

Die Taurus 2 bekommt einen Testflug spendiert, bevor sie das erste Mal einen Cygnus-Transporter zur ISS bringen darf: Nachdem die NASA endlich einen Haushalt für das laufende Finanzjahr hat, konnte sie Orbital die Mittel – rund 100 Mio.$ – für den Test freigeben; die beiden Raketen starten vermutlich im Oktober und Dezember. Wenn beide und das Andocken der Cygnus an die ISS funktionieren, könnte sie bereits im 1. Quartal 2012 mit der Versorgung der Raumstation beginnen. Derweil soll sich die Orbital-interne Untersuchung des Versagens einer Taurus XL im März dem Ende nähern, ebenso die Untersuchung seitens der NASA. (Spaceflight Now, Space News 21.4.2011)

Schon mehrere Flares des NanoSail D fotografiert!

3. Februar 2011

Vesa Vauhkonen, Rautalampi, Finland via NASA MFSC

Allmählich erscheinen eindeutige Fotos von Strichspuren des NanoSail D am Himmel („Fotowettbewerb …“) auf Webseiten der NASA: Vor allem in Finnland am 30. Januar waren etliche Fotografen erfolgreich, wie hier V. Vauhkonen in Rautalampi, für den das Sonnensegel bis +3.5 mag. flare-te – und für einen anderen wurde es sogar kurz Vega-hell. Die Erwartung ist weiterhin, dass es später bis zu Venus-helle Flares werden könnten, wenn das Segel in tieferen Atmosphärenschichten nicht nur näher ist sondern auch aerodynamisch geglättet wird.

ESA/NASA

Die abnehmende Mondsichel von der ISS aus aufgenommen am 1. Februar.

HiRISE/Planetary Science Institute

Veränderungen an einer Düne auf dem Mars bei 84° Nord in einem 285 x 140 m Feld: Oben ist sie im Sommer eisfrei, in der Mitte vereist mit allerlei Effekten, und unten wieder eisfrei, gegenüber dem Sommer davor aber mit veränderter Morphologie als Folge der Sublimation des CO2-Eises.

NASA/JPL/SSI

Enceladus‘ Fontänen am 31. Januar im Gegenlicht von Cassini aus größerer Distanz aufgenommen, kuriose Beleuchtungseffekte (und Kompressionsartefakte) inklusive.

NASA/JPL-Caltech/WISE Team

Vier der 20 vom IR-Satelliten WISE entdeckten Kometen (die nicht alle seinen Namen tragen, da vier schon als Asteroiden bekannt waren): Die Missionsverlängerung NEOWISE ist zuende und der Satellit nun in Hibernation – falls ihn nochmal jemand haben will.

Nachrichten aus der Weltraumforschung kompakt

25. Januar 2011

Weltraumobservatorien dominieren das „HRD“ der Sternwarten: In diesem Diagramm von ASTRON-Direktor Mike Garrett (Anklicken -> groß), das dem Hertzsprung-Russell-Diagramm für Sterne nachempfunden ist, ist die Zahl der wissenschaftlichen Publikationen, die eine Sternwarte produziert hat, in der x-Achse und die Zahl ihrer Google-Treffer in der y-Achse aufgetragen (log-log; größer nach links & oben) – sozusagen die „Leuchtkraft“ gegen die wahre „Masse“. Erstaunlicherweise fallen die meisten Einrichtungen auf eine Art „Hauptreihe“, aus der allerdings Hubble (ganz links oben) und das britische Radioobservatorium von Jodrell Bank durch ‚übermäßige‘ Popularität ausbrechen. Obacht: Das Diagramm ist nur bzgl. der Radiosternwarten, für die es ursprünglich gezeichnet wurde, relativ komplett. Inspiriert wurde es übrigens durch ein HRD von Astronomen, das es gar zu einem Konferenz-Poster gebracht hatte und viel diskutiert wird.

Hier rotiert der Marsmond Phobos in einer weichen Animation, die ein Fan aus den Daten der HRSC vom Vorbeiflug am 9. Januar mit Morphing-Software & künstlicher Farbe hergestellt hat; das haben auch andere versucht. Und vom Flyby liegt nun auch ein IR-Spektrum vor.

Die Alpen komplett und wolkenlos bekam der NASA-Satellit Terra am 17. Januar zu sehen: ein Bild seines Moderate Resolution Imaging Spectroradiometers in natürlichen Farben. Dieser Teil der Erdkruste hat eine bewegte Geschichte hinter sich, so ist ein Teil der Alpen in den letzten 350 Millionen Jahren zweimal bis auf Tiefen von über 50 Kilometern in den Erdmantel abgetaucht.

Fotowettbewerb für’s NanoSail D läuft – aber noch keine einzige bestätigte Sichtung des Sonnensegelchens

Wie bereits beim Start angekündigt haben die NASA und Spaceweather.com zu einem Fotowettbewerb aufgerufen: Bis zu 500$ gibt es für überzeugende Bilder des NanoSail D im Orbit, die auf dieser Webseite einzureichen sind. Da dem Satelliten planmäßig der Strom ausgegangen ist („Dem NanoSail …“) ist die optische Beobachtung – neben der Verfolgung durch militärische Radaranlagen – besonders wichtig, um den Zustand des Segels und seine Wechselwirkung mit der Atmosphäre, um die es bei dem Experiment primär geht, zu ergründen. Zwar gibt es bereits Kunde von Fotos aus New Mexico, die eine Strichspur des Sonnenseglers nebst kleinen Flares zeigen könnten, wie auch von einer visuellen Sichtung aus Russland – aber nach wie vor fehlt eine Bestätigung, dass dies wirklich das NanoSail D war. Immerhin sind die Bahnelemente auf dem Dashboard heute aktualisiert worden, so dass die Prognosen von Überflügen z.B. durch CalSky und Heavens Above genauer werden dürften.

Die Meinungen über die zu erwartende Helligkeit reichen derzeit von einem Feldstecherobjekt bis zu „five to 10 times as bright as the planet Venus, especially later in the mission when the sail descends to lower orbits“ … NACHTRAG: Ein visueller Beobachtungsbericht mit 7. Größe und eine weitere Strichspur-Aufnahme mit 2. Größe (des o.g. Russen) stammen nach Analyse des Sat-Beobachtungs-Veteranen mit ziemlicher Sicherheit vom NanoSail D; auch Überlegungen zur räumlichen Lage des Segels. NACHTRAG 2: Der kesse Spruch mit der mehrfachen Venus-Helligkeit war am 26.1. von nanosail.org schon wieder verschwunden, wo es nun heisst, dass das „sail will occasionally be visible to the naked eye when sunlight glints off the spacecraft’s 10 m^2 sail, producing a spectacular flash akin to an Iridium Flare.“ Und es gibt genaue Regeln für den Fotowettbewerb. NACHTRAG 3: Hier und da tauchen Sichtungen mit +6 bis +7 mag. auf (sowie eine Strichspur neben dem Mond) – aber keine Beobachtungen Iridium-artiger Flares.

Heute vor sieben Jahren landete Opportunity auf dem Mars: Kurz nach 6 Uhr MEZ kam die Bestätigung, und vier Stunden später hagelte es faszinierende Bilder aus Meridiani Planum. Derzeit parkt der Marsrover zwar, um die Sonnenkonjunktion auszusitzen, aber dann geht die Reise weiter. Heute ist übrigens noch eine Art Feiertag auf dem Mars: Opportunity und Spirit befinden sich 2490 bzw. 2510 Sols – Marstage – auf der Oberfläche, macht zusammen genau 5000 Sols! Freilich ist der Zustand von Spirit weiter unklar.

Nachrichten aus der Weltraumforschung kompakt

22. Januar 2011

Der massereiche Stern Zeta Ophiuchi rast durch das ISM auf einem Bild des WISE-Satelliten (3.4 bis 22 µm), der den Bugschock vor dem Stern sichtbar macht, der mit 24 km/s durch interstellares Gas und Staub pflügt. Dabei komprimiert und heizt er das Medium des Schocks; zugleich sorgt die starke UV-Strahlung des Sterns auch für Staubheizung in seiner weiteren Umgebung, was sich als rötlicher Schimmer bemerkbar macht.

Vollmondaufgang von der ISS aus gesehen am 19. Januar: Die Sequenz – Anklicken liefert noch ein früheres Bild – zeigt wieder einmal die extreme Refraktion, die nur im Orbit gesehen werden kann.

Dem NanoSail D geht der Strom aus: Dieses Diagramm aus dem Dashboard – via DK3WN – zeigt den Abfall der Batteriespannung (in Volt, gegen die Stunden seit dem Aussetzen). Vom 19.-21. Januar hatten Funkamateure den Satelliten empfangen, seit dem Nachmittag MEZ des 21. aber nicht mehr – vermutlich war es das; die Empfangsversuche gehen aber weiter. Nun ist es wohl an den visuellen Beobachtern, das entfaltete Sonnensegel in den nächsten 70 bis 120 Tagen bis zum Verglühen zu verfolgen. NACHTRAG: Bisher sind noch keine Sichtungen eingegangen, vielleicht ist der Orbit zu ungenau. Dass sich das Segel gut entfaltet hat, bestätigen jedenfalls Radarechos: Der Satellit (dessen – planmäßiges – Ableben seiner Batterie inzwischen bestätigt ist) wurde plötzlich viel größer.

Weiter keine Lösung für Wunschteleskop WFIRST in Sicht

Durch die gewaltigen finanziellen Probleme des JWST droht der Start des Wide-Field IR Survey Telescope der NASA, das sich parallel um Dunkle Energie, Exoplaneten und mehr kümmern soll, auf frühestens 2025 zu rutschen – wenn die ESA mit ihrer Euclid-Mission schon Wesentliches zumindest in Sachen Dunkle Energie herausgefunden haben könnte. Eine Fusion der beiden teuren Weltraumteleskope („Euclid vs. WFIRST …“) hat der NASA aber auch ein weiteres Panel nicht empfehlen können, und einen 20%-Einstieg der NASA in Euclid, den die ESA anbietet, sieht man auch nicht, solange die ESA die Mission noch gar nicht endgültig ausgewählt hat. (Space Policy Online 2., New York Times 4.1.2011)

Immer mehr Hardware für das JWST wird fertig, aller unklaren Zukunft ungeachtet: Immerhin sind schon 3 Mrd.$ in den Riesensatelliten gesteckt worden! Nach und nach absolvieren die 18 Segmente des Hauptspiegels ihre Härtetests, und die wissenschaftlichen Instrumente nehmen Form an. Am Satellitenbus selbst wird noch nicht gebaut: Man will erst die schwierigen Dinge erledigen. (Spaceflight Now 17.1.2011)

Einzelnes Stück Hardware hält den LISA Pathfinder auf

Eine Art Klammer-Mechanismus des Test-Satelliten für LISA („Optical …“), der die Testmassen erst beim Start festhalten und dann im Orbit mit nur maximal 2 cm/h(!) Geschwindigkeit freilassen soll, tut’s einfach nicht: Jetzt muss die ESA seine Entwicklung noch einmal von vorne beginnen, wodurch sich der Start des Satelliten auf frühestens 2013 verschiebt, obwohl alle anderen Komponenten im Zeitplan liegen. Schon lamentieren Konkurrenzprojekte, die wegen LISA zurückgestellt wurden, der große Gravitationswellen-Detektor sei wohl noch nicht reif – aber der Pathfinder soll das aufwändige System ja schon vor dem Start validieren, und da ist es allemal besser, wenn es jetzt hakt. (Nature News 19.1.2011) NACHTRAG: Jetzt heißt es schon: Start frühestens 2014 – und nicht nur bei der Caging Mechanism Assembly hapert’s.

Das Tevatron wird Ende des Jahres abgeschaltet

Weil die US-Regierung keinerlei Spielraum für die unverzichtbare Extrafinanzierung sieht, die ein Weiterbetrieb des US-Beschleunigers („Eine weitere …“) erfordert hätte, hat das Energieministerium am 6. Januar sein Ende mitgeteilt: Damit haben die USA direkt keine Chance mehr, den Europäern das Higgs-Teilchen noch weg zu schnappen, was mit einem Betrieb des Tevatron bis 2014 vielleicht gelungen wäre. Die USA überlassen nunmehr die höchsten Energien Europa (wobei aber viele Amerikaner beim LHC mitmachen dürfen, dessen Winterwartung im Zeitplan liegt; im Februar wird er wieder hochgefahren) und konzentrieren sich selbst künftig auf hohe Strahl-Intensität: ein Ansatz, bei dem Phänomene gefunden werden können, die weniger Energie erfordern, dafür aber sehr selten sind. (Nature 19., CERN Bulletin 17., Physics World 18., 13., 11., Nature, Symmetry Breaking, Discovery, Not Even Wrong, New Scientist Blog 11., Symmetry Breaking, Cosmic Variance 10., Nature Blog 6.1.2011, Science 2.0 21.12.2010. Und Nature Blog über das weltweite GRID, das die LHC-Datenflut verarbeitet)

Telemetrie sagt: NanoSail Ds Segel ist entfaltet!

21. Januar 2011

Am Morgen des 18. Januar gegen 4:00 MEZ ist der Satellit NanoSail D freigesetzt worden, so hat man es der Telemetrie seines Mutterschiffs FASTSAT entnommen – und wie vorgesehen drei Tage später hat NanoSails eigener Telemetrie zufolge auch das Entfalten seines Sonnensegels funktioniert! Die erste Meldung kam wohl von zwei Amateurfunkern im kanadischen Inuvik, VE8EV und VE8NE, die das entscheidende Signal auffingen – was die Missionskontrolle nach einer Stunde bestätigen konnte. Die Funker hatten auch weitere Informationen über den Zustand des winzigen Satelliten gewinnen können, den zuvor bereits einige andere Amateurfunker empfangen hatten: In einem 1-Minuten-Video zeigt PA3GUO aus den Niederlanden, wie so was aussieht. Später empfing eine weitere Station die Erfolgsmeldung aus dem Orbit. Da die Batterie an Bord für 5 Tage ausgelegt ist, sollte es am 23.1. allerdings vorbei sein: Nun sind visuelle Beobachter und Astrofotografen gefragt!

Vorhersagen für Überflüge gibt’s z.B. bei Heavens Above: Noch eine knappe Woche gibt es eine günstige Abendsichtbarkeit für Deutschland, wobei die Helligkeit (aufgrund welcher Rechnungen auch immer) mit 4. bis zuweilen 2. Größe angegeben wird. Wenn allerdings das Segel die Sonne exakt zum Beobachter umlenkt, könnte es für Sekunden um Größenordnungen heller werden, ist doch die Segelfläche sechsmal so groß wie die Antennen der Iridium-Satelliten, die es bereits bis -8 mag. aufblitzen lassen. Beobachtungen werden u.a. bei SpaceWeather gesammelt – wo man laut einem Artikel in einer Lokalzeitung in Alaska gar zusammen mit der NASA „an international photography competition“ durchführen will. Oder wollte: Davon war seit dem Start im November scheint’s nirgends mehr die Rede. NACHTRAG: Jetzt gibt’s auch einen NASA Press Release – keine Zweifel am geglückten Entfalten! NACHTRAG 2: Antwort vom MSFC (21.1. 22:00 MEZ) wg. des Fotowettbewerbs: „It’s still in play. We’re working it.“ NACHTRAG 3: ein detaillierter Bericht von VE8EV!

NanoSail D überraschend aus FASTSAT geflutscht!

20. Januar 2011

Nachdem das – zunächst irrtümlich als Erfolg gefeierte – Aussetzen des Nanosatelliten NanoSail D aus dem FASTSAT offensichtlich nicht stattgefunden hatte („Keinerlei Kontakt …“), war die Ratlosigkeit groß. Aber zumindest war der Deckel aufgegangen, die anderen fünf Experimente auf dem FASTSAT arbeiteten einwandfrei, und dieser Satellit meldete regelmäßig seinen Zustand. Und am Morgen des 19. Januar, anderthalb Monate nach dem misslungenen Manöver, staunte die Flugkontrolle nicht schlecht: NanoSail war weg, hatte sich spontan selbst auf den Weg gemacht! Bald darauf wurden auch schon seine Funksignale von alarmierten Amateurfunkern in aller Welt empfangen (auch von solchen, die für die NASA arbeiten – und vor Freude unter der Decke hingen, wie sie in ihrem Blog erzählen). Wenn beim Verlassen des FASTSAT auch der Timer gestartet wurde, dann müsste sich das Sonnensegel gegen 4 Uhr MEZ morgen früh entfalten, während die Batterie des Funksenders nach etwa drei Tagen schlapp machen dürfte: Ab dann sind auch Amateurastronomen gefragt (siehe ISAN 124-2), das Schicksal des Experiments zu verfolgen. (NASA Release, WA4NZD, Universe Today 19., Centauri Dreams, NanoSail-Tweet 20.1.2011 – und ein ‚Dashboard‘ verrät den aktuellen Zustand, während eine Echtzeit-Grafik die Bahn des Satelliten zeigt)

Rosetta in der Mitte von einer enormen Bahnkorrektur

Um nach kurz vor dem großen Winterschlaf endgültig Kurs auf den Zielkometen Churyumov-Gerasimenko zu nehmen, führt dessen künftiger Orbiter Rosetta vom 17. bis 23. Januar eine starke Bahnänderung durch: Viermal wird sein Haupttriebwerk eingeschaltet, zusammen 17 Stunden lang, um insgesamt ein Delta–v von 778 m/s auszuüben. Das ist viel mehr als typischerweise bei solchen Deep Space Maneuvers nötig ist und passt eher zum Einschuss in einen Planetenorbit (Cassini z.B. bremste am Saturn mit 626 m/s). Erst wenn die vierte Zündung beendet und ausgewertet ist, soll das Ergebnis verraten werden: Die erste war einen Tick zu stark, aber das sollte am Ende wieder ausgeglichen sein. (Rosetta Blog, v.a. vom 18.1.2011; Planetary Society Blog 18.1.2011. Und ein ESA Release zu Tests an der nächsten großen ESA-Planetensonde BepiColombo)

Radaranlage des Lunar Reconnaissance Orbiter ausgefallen: Am 4. Januar hat das Mini-RF „eine Anomalie“ erlitten und liefert seither keine wissenschaftlichen Daten mehr – vermutlich ist der Sender ausgefallen. Auch wenn sich das Instrument nicht retten lässt: Mit über 400 Radarstreifen seit letztem September hat es seine Erfolgskriterien für den wissenschaftlichen Teil der LRO-Mission längst erfüllt. (Status 18.1.2011)

Akatsukis Orbit-Einschuss an schwindendem Treibstoff-Zufluss ins Triebwerk gescheitert

12. Dezember 2010

Das wäre Ihr Planet gewesen: Als der verhinderte japanische Orbiter Akatsuki diese Aufnahmen der Venus – bei 365 nm und 0.9 und 10 µm – am 9. Dezember im Rahmen eines Kameratests schoss, war die Sonde schon lange am Planeten vorbei gerauscht und bereits wieder 600’000 km entfernt. Zumindest ist seither klarer geworden, was schiefgegangen ist, wenn auch noch nicht endgültig warum – womit leider auch noch nicht gesagt werden kann, ob Ende 2016/Anfang 2017 ein zweiter Versuch einer Orbit Insertion möglich sein könnte. Die Informationen über den Zustand Akatsukis während des missglückten Manövers am 7. Dezember konnten inzwischen weitgehend herunter geladen werden, insbesondere zur Lage im Raum.

Gegen die Zeit in Sekunden aufgetragen ist in der Grafik die Orientierung in drei Achsen gegenüber dem Soll. Man sieht zu Beginn der Triebwerkszündung leichte Schwankungen, aber nach 2 1/2 Minuten kommt es plötzlich zu einem gewaltigen Ausbrechen der X-Richtung (nach neuen Erkenntnissen um maximal 42°): In diese schauen die wissenschaftlichen Instrumente, senkrecht zur (Z-)Hauptachse der Sonde, entlang der auch die Düse angeordnet ist. Diese Entdeckung führte zunächst zu allerlei Spekulationen von einem Zerbrechen der neuartigen und angeblich nicht ausreichend getesteten Keramikdüse, das zu seitlichen Austreten des Düsenstrahls geführt habe, bis zu einer – extrem unwahrscheinlichen – Kollision mit etwas im Venusorbit.

Doch inzwischen haben weitere Daten gezeigt, dass der Treibstoffzufluss in das Triebwerk seit Beginn des Brennens immer geringer geworden war und schließlich fast ganz zum Erliegen gekommen war: Offenbar war der Druck von Helium, das den Treibstoff in die Brennkammer drücken soll, abgefallen, vielleicht durch ein Leitungsproblem oder defekte Ventile. Der immer schwächere Düsenstrahl jedenfalls war es, der nach 2 Minuten und 32 Sekunden zu der gravierenden Instabilität der Lage Akatsukis führte. Die wiederum erkannte der Bordcomputer, brach die Treibstoffzufuhr ganz ab und versetzte Akatsuki danach in jeden Safemode mit Spinstabilisierung und Kommunikation nur über die Low-Gain-Antenne, in dem die Bodenkontrolle die Sonde später vorfand.

Mindestens 9 Minuten und 20 Sekunden der vorgesehenen 12 Minuten hätte das Triebwerk mit voller Leistung brennen müssen, um eine Umlaufbahn zu erreichen: Das war bei weitem verpasst worden, und auch wenn noch rund 80% des Treibstoffs vorhanden sein sollten, war rasch klar, dass es für eine Art ‚Notbremsung‘ und einen improvisierten weiten Orbit niemals langen würde, selbst wenn man die Technik rasch wieder unter Kontrolle brächte: Der Orbit Akatsukis blieb heliozentrisch. Alle Systeme an Bord der Sonde – mit Ausnahme des Raketenantriebs; auch eine Beschädigung der Düse durch das missglückte Manöver scheint möglich – scheinen immerhin intakt zu sein, etwa die bereits (s.o.) getesteten Kameras. Was genau dem Triebwerk widerfahren sein könnte, soll nun auch in Bodentests ergründet werden.

Akatsuki umrundet die Sonne etwas schneller als die Venus und wird sich ihr im Dezember 2016/Januar 2017 wieder bis auf 3.7 Mio. km nähern (wie die Grafik in einem Venus-orientierten System auf einem von einem Fan gestalteten neuen Missionspatch zeigt): Da noch 80% des Treibstoffs vorhanden sein sollten, dürfte das für eine Bahnkorrektur unterwegs und einen erneuten Einschussversuch im Prinzip reichen – so die Fern-Reparatur des Triebwerks gelingt. Die 6 Extrajahre wird sich Akatsuki mit Beobachtungen des Zodiakallichts vertreiben, an der steigenden Sonnenaktivität leiden aber seine Drallräder und Batterien schonen: Daran wird ein zweiter Versuch wohl nicht scheitern. Yomiuri Shimbun, Planetary Society Blog 11., Mainichi Daily News, Yomiuri 10., Mainichi, Yomiuri 9., Mainichi, Physics World, Nature News, Space Today 8., KosmoLogs 7.12.2010

Nach dem Dragon-Erfolg: Nächster Flug gleich zur ISS?

Der perfekte Erstflug einer Dragon-Kapsel auf der zweiten Falcon 9 („Der Start …“) – zusammen die erste Demonstration von Commercial Orbital Transportation Services (COTS) für die NASA – hat die Chancen erhöht, dass es letztere Space X erlauben wird, COTS-2 und -3 zusammen zu legen: Statt beim nächsten Mal im Sommer 2011 eine Dragon nur in die Nähe der ISS zu manövrieren, könnte dann eine Kapsel bis auf 10 Meter an die Raumstation heran navigiert werden, wo sie dann mit einem stationseigenen Roboterarm eingefangen und angekoppelt würde. (Der erste Testflug des 2. COTS-Kandidaten Taurus 2/Cygnus ist derweil für Ende 2011 angepeilt.) Vor einem ISS-Besuch muss die Dragon allerdings noch mit etwas mehr Redundanz in der Elektronik ausgestattet – und natürlich der Verlauf des Premierenfluges im Detail ausgewertet – werden; die Entscheidung treffen dann NASA-Spezialisten (der Chef Bolden hält sich da raus). Ebenfalls auf guten Weg sieht sich Space X nun auch bei der Option, die Dragon zu einem bemannten System für den Mannschaftstransport zur ISS weiter zu entwickeln: Ab Auftragserteilung würde das nur drei Jahre dauern.

Hauptmitbewerber wäre hier wohl die CST 100 von Boeing, und als Markt peilen beide nicht nur den NASA-Auftrag zum ISS-Verkehr an, was sich nur marginal rechnen würde: Auch private Raumstationen werden als fernere Ziele erhofft. Nachdem sie die Dragon im Orbit abgeliefert hatte, setzte die Falcon 9 übrigens noch ein paar Kleinsatelliten aus – und zündete dann das Triebwerk der 2. Stufe erneut, das bis in 11’000 km Höhe stieg: auch wieder eine verblüffende Leistung. Und das mit einer Düse der Stufe, von der man – nach der Entdeckung von zwei kleinen Brüchen – kurzerhand ein (aerodynamisch nicht relevantes) 1 m langes Stück mit einer Metallschere abgesäbelt hatte! Wenn die Dragon ein bemanntes Vehikel werden sollte, wird es wohl nicht mehr so leger zugehen können … (Houston Chronicle 11., Space.com, AW&ST, Fla. Today, Novosti [interessante russische Perspektive!], CollectSpace 10., Space Politics, Spaceflight Now, Space News, LA Times, Ars Technica, Wash. Post, Fla. Today, Orlando Sentinel, CNN, Space.com, Science Journalism Tracker 9., Atlantic, CSM, Space.com, AFP, Univ. Today, Planetary Soc. Blog, Space Today [früher] 8.12.2010 – und noch mehr Artikel & Bilder)

Keinerlei Kontakt zu NanoSail D – womöglich doch nicht ausgesetzt? Die NASA hatte zunächst keinerlei Zweifel erwähnt („NanoSail D von FASTSAT ausgesetzt …“), dass der Mikrosatellit den Nanosatelliten erfolgreich ausgestoßen hatte, doch seither sind keinerlei Signale von letzterem empfangen worden: Sein Status ist völlig unklar, und inzwischen gilt sogar als möglich, dass das Auswurfmanöver misslungen ist und er noch fest steckt. Die Halterungen für Nanosatelliten – konkret: CubeSats – sind zwar bewährte Technik, sitzen sonst aber immer direkt auf der Raketenoberstufe (wie zuletzt auch bei der Falcon 9): Hier war zum ersten Mal ein anderer Satellit der Träger. (Space Today 12., Spaceflight Now, Space.com 11., Universe Today, Centauri Dreams 10.12.2010) NACHTRAG: Die NASA scheint inzwischen sicher zu sein, dass NanoSail D noch im FASTSAT fest steckt.

Safemode: Zustand und Bahn von Akatsuki nach Ankunft bei der Venus unklar

7. Dezember 2010

Fast ein Tag ist vergangen, seit sich die japanische Raumsonde Akatsuki in eine erste Umlaufbahn um die Venus einschließen sollte – und immer noch ist nicht klar, wie es ihr geht und ob sie überhaupt in (irgend)einen Orbit einschwenken konnte: Die Nachrichtenlage war miserabel, und ohne das das Google-Übersetzen von Tweets japanischer Augenzeugen im Kontrollzentrum wäre der Rest der Welt völlig ahnungslos geblieben. Inzwischen weiß man wenigstens, dass das Triebwerk zumindest ansprang, Akatsuki aber dann – leider war (plangemäß) kein Funkkontakt möglich – in einen Safemode geriet, in dem sich die Sonde immer noch befindet. Und sie rotiert einmal alle 10 Minuten, wobei Funkkontakt mit der Erde immer nur für 40 Sekunden besteht: Das reicht offenbar nicht, um den Dopplereffekt von Akatsukis Bewegung auf den Funkträger genau genug bestimmen, um sofort feststellen zu können, ob ein Venusorbit erreicht wurde oder nicht. Dafür gab es jedenfalls nur diese eine Chance: Von einem – andauernden – „struggling to enter orbit“ kann natürlich keine Rede sein. Bald geht in Japan erneut die Sonne auf: Vielleicht schon in den nächsten Stunden könnten wir mehr erfahren. Nach den Erfolgen mit IKAROS und Hayabusa wäre es traurig, wenn es Japan erneut misslungen sein sollte, eine Sonde in den Orbit um einen richtigen Planeten zu bringen. NACHTRAG: Leider ist es so gekommen, wie am 8.12. um 3:00 MEZ auf einer PK bekannt gegeben wurde (hier wieder meine Tweets aufgrund von 3 japanischen Quellen): Der Orbit wurde eindeutig verfehlt! Aber in sieben Jahren kommt Akatsuki wieder an der Venus vorbei, und dann wollen sie es erneut versuchen!

NanoSail D von FASTSAT ausgesetzt – der Timer läuft

Zwar eine Woche verspätet aber dann offenbar problemlos ist in der vorletzten Nacht der Nanosatellit NanoSail D vom Mikrosatelliten FASTSAT ausgeworfen worden: Das war schon das erste wichtige Experiment. Zugleich sollte damit ein Timer gestartet worden sein, der drei Tage später – das wäre die Nacht auf den 9. Dezember – das Entfalten des Sonnensegels auslösen soll. Und dann ist es auch an Amateurastronomen (siehe ISAN 124-2), den weiteren Verlauf der Mission zu verfolgen. (NASA Release, Discovery, Centauri Dreams 6.12.2010)

Morgen oder übermorgen soll die Falcon 9 mit der Dragon-Kapsel starten, nachdem der heutige Termin wegen Sorgen um die Düsen der 2. Stufe kurzfristig abgesagt worden war: Zwei kleine Bruchstellen waren entdeckt worden, die man noch analysieren muss. Einen neuen Startzeitpunkt soll es heute Nacht noch geben; das Wetter wäre an beiden Tagen o.k. Angesichts der großen Erwartungen an diesen Testflug von Rakete wie ISS-Versorgungskapsel („Premiere …“) ist Space X ganz besonders vorsichtig. (Space Policy Online, Space.com, Space Today 7., NASA Release, Planetary Society Blog, Space.com, HobbySpace, Space News, DLF 6., Guardian, Space Today 5.12.2010; auch der Status und die Start– und Reentry-Timelines) NACHTRAG: Der Start wurde für Mittwoch angesetzt; das Fenster öffnet sich um 15:00 MEZ.

Eine Rakete – sieben Satelliten – ein Sonnensegel

23. November 2010

Als am Morgen des 20. November (MEZ) eine Minotaur 4 von der Insel Kodiak in Alaska aus startete, erst der 2. Orbitalflug von dort, waren 16 militärische und zivile Experimente auf je nach Zählweise 6, 7 oder 8 kleinen Satelliten an Bord des Trägers, der aus Teilen der alten Peakekeeper-ICBMs und der Flügelrakete Pegasus besteht und der nunmehr bei allen drei Einsätzen funktioniert hat.

  • Hauptnutzlast war STPSat 2 mit zwei Experimenten des militärischen Space Experiment Review Board, die künftige Technologien erproben: Das Space Phenomenology Experiment testet Sensoren unter Weltraumbedingungen, und es geht um Daten-Relaisdienste.

  • Bekanntester Passagier ist wohl der FASTSAT mit sechs Nutzlasten: drei Instrumenten zur Atmosphären- und Weltraumwetter-Forschung, einem Threat Detection System, einem Mini-Startracker – und dem Subsatelliten NanoSail-D (3.7 kg), der etwa 7 Tage nach dem Start ausgestoßen werden soll. (NACHTRAG: Das soll am 28.11. geschehen. (NACHTRAG: Nee, verschoben!)) Es handelt sich um den ersten Sonnensegler der NASA, der in 650 km Höhe allerdings noch so viel Luftwiderstand spüren wird, dass ein Effekt des Strahlungsdrucks der Sonne auf das kleine Segel – „von der Größe eines 6-Mann-Campingzelts“ – kaum zu messen sein dürfte. Im Gegensatz zum interplanetaren IKAROS geht es hier auch um grundsätzliche Technologietests wie das Freisetzen eines Nanosatelliten aus einem Mikrosatelliten, das extrem kleine Verpacken des Segels und seine rasante Entfaltung mit einer Art Federmechanismus – und die Untersuchung, wie schnell die Bahn durch die Luftreibung verfällt (man rechnet mit 70 bis 120 Tagen). Solcherlei Technik könnte gezielt zum Entsorgen ausgedienter Satelliten verwendet werden. Da NanoSail-D weitgehend passiv ist, sind Amateurastronomen aufgerufen, das Segel im Sonnenlicht zu verfolgen: Es könnte Flares wie von den Antennen der Iridium-Satelliten geben, und die reflektierende Fläche ist 6-mal so groß.

  • Die zwei FASTRAC-Satelliten (Formation Autonomous Spacecraft with Thruster, Relnav, Attitude and Crosslink) sollen autonomen Formationsflug vorführen, durch Navigation per GPS und Kommunikation untereinander.

  • Der FalconSat 5 erprobt eine kleine Hall-Effekt-Düse und misst mit einem Spektrometer die Auswirkung von Düsengasen auf die Umgebung. Auch ionosphärische Effekte auf Radiokommunikation werden untersucht.

  • Der Radio Aurora Explorer (RAX) ist so groß wie ein Laib Brot und soll Radiosignale messen, die von der Ionosphäre gestreut werden, um Aurora-Prozesse besser zu verstehen.

  • Der CubeSat O/OREOS schließlich (Organism/Organic Exposure to Orbital Stresses) betreibt Astrobiologie: Es wird untersucht, wie zwei irdische Mikrobenarten (SELSO) und auch organische Moleküle, die man aus dem ISM kennt (SEVO), auf die harte Strahlung und Schwerelosigkeit im Weltraum reagieren. (NACHTRAG: Die ersten Daten in Echtzeit liegen schon vor!)

Alles zusammen heißt auch STP-S26 als 26. des seit 1967 laufenden Space Test Program der USAF und kostet inklusive der Rakete ungefähr 170 Mio.$ (wobei das NanoSail-D mit weniger als 1 Mio.$ zu Buche schlägt). Nacheinander wurden die Satelliten problemlos auf einer um 72° geneigten Bahn ausgesetzt, dann führte die Raketenoberstufe HAPS selbst noch ein größeres Bahnmanöver aus, um zu demonstrieren, dass die Minotaur bei einem Start Satelliten in verschiedenen Höhen aussetzen könnte. Zahlreiche Links zur Mission im Header des Cosmic Mirror #339, weitere Infos von einer Telecon am 9.11.2010.

Sonnensegeln dank IKAROS eine Technologie auf dem Weg zur Anwendung

22. September 2010

Die Zeit des Theoretisierens ist vorbei: Seit der japanische Experimentalsatellit IKAROS entscheidende Techniken der Navigation mit nichts weiter als dem Strahlungsdruck des Sonnenlichts demonstriert hat (der auf den Satelliten eine Kraft von 1.1 Millinewton ausübt, wie inzwischen gemessen wurde), wird es vielleicht schon bald auch die ersten Anwendungen dieser Technik geben. Alles entscheidend ist das Verhältnis der Gesamtmasse von Nutzlast und Sonnensegel zur Segelfläche: Mit 10 bis 20 Gramm pro Quadratmeter sind schon eine Menge sinnvolle Manöver und interessante interplanetare Bahnen möglich. Mit 1.5 kg/m^2 ist IKAROS noch weit davon entfernt, was auch für die anderen drei finanzierten Segler-Demonstratoren Nanosail D und Lightsail mit 300 bzw. 140 und CubeSail („… Weltraum-Besen …“) mit 120 g/m^2 gilt, die diesen November bzw. Mitte bzw. Ende kommenden Jahres starten sollen.

Die Werkstoffe für extrem dünne und tausende Quadratmeter große Segel sind durchaus schon vorhanden, aber viel geforscht wird noch an der Technologie, sie elegant in kleinen Kapseln zu verstauen und dann in der Schwerelosigkeit zuverlässig zu entfalten. Im Gegensatz zur IKAROS-Methode – durch Endmassen plus Rotation aber ohne starres Gerüst – setzen die meisten Planer dabei auf kreuzförmige Strukturen, die sich trickreich entfalten und dabei das Segel ausbreiten und tragen sollen. Um für einen 50-kg-Satelliten die gewünschte Verhältniszahl zu erreichen, wäre ein 2500 bis 5000 m^2 großes Segel erforderlich, im üblichen quadratischen Design 50 bis 70 Meter groß: Das entspricht den Solarzellen der ISS (77 m Spitze zu Spitze), wäre also kein Sprung um Größenordungen.

ESA wie DLR wie NASA, die in der Vergangenheit einiges in Prototypen (für Tests am Boden) investiert haben, denken dem Vernehmen nach erneut über konkrete Schritte nach: Zwischen den ersteren beiden soll sogar eine gemeinsame Roadmap abgesprochen worden sein. Und die lange für Exoten gehaltene Gemeinde der Sonnenseglerianer – die sich wie die frühren Raketenforscher um Oberth & Co. fühlt – hat auf einer Tagung im Juli in New York sogar eine gemeinsame Deklaration herausgegeben und die Technologie im Lichte der stürmisch gefeierten IKAROS-Erfolge für „gangbar für Anwendungen in der Raumfahrt“ deklariert. Derer es viele gäbe: Im September wurde auf einer Tagung europäischer Planetenforscher in Rom z.B. angeregt, mit Sonnenseglern große Datenmengen von Sonden bei Jupiter oder Saturn zur Erde zu schaffen, indem diese „Data-Clipper“ zwischen den Planeten hin und her pendeln und erst in der Nähe der der Erde mit hoher Rate senden.

Erst einmal gilt das Interesse aber der IKAROS-Mission, die inzwischen sowohl eine leichte Änderung der Bahn wie auch der räumlichen Lage durch gezielten Einsatz des Segels demonstrieren konnte und damit den kompletten Missionserfolg erzielt hat. Als Bonus erzeugen die ins Sonnensegel integrierten Solarzellen auch noch Strom: Man könnte sich Hybridraumsonden vorstellen, die die Sonnenphotonen sowohl zum Segeln wie auch als Energiequelle für einen Ionenantrieb verwenden. Das Nanosail D, ein Passagier des FASTSAT („… in Alaska angekommen …), ist ein viel bescheideneres Experiment und wird in seiner niedrigen Erdumlaufbahn vermutlich nicht einmal die Wirkung des Strahlungsdrucks erfahren. Dafür wird der Minisatellit aber eine andere Entfaltungstechnik für sein 10-m^2-Segel demonstrieren und insbesondere auch, wie man einen Satelliten damit dank des Luftwiderstands besonders schnell versenken kann: Das „D“ steht nämlich für De-orbit.

JAXA Release 23.7., NASA Release 17.8., EPSC Release 20.9.2010; The Space Review 9.8.2010 [exzellenter Review]; Centauri Dreams 21., Universe Today 19., AstroBiology 2.9., Centauri Dreams 4.8., New Scientist, ScienceTicker 27., Planetary Society, PS Blog, Space.com 26., Centauri Dreams 23., 22., Space.com 21., 12., Planetary Society Blog, Spaceflight Now 9.7.2010 – und Nikkei über die Beobachtung eines GRB durch IKAROS sowie ein JAXA Release und Science@NASA über die Reise von Akatsuki zur Venus, die zusammen mit IKAROS startete

Neuer Weltraum-Seil-Test bei einem Suborbitalflug

Ein 300 m langes, 2.5 cm breites und 1/20 mm dickes Metallband ist am 31.8. im Rahmen von T-Rex („Tether Technologies Rocket Experiment“) von einer japanischen Rakete während eines 10-minütigen Fluges bis in 309 km Höhe getragen worden: Dabei wurden an einem Ende durch eine Kathode Elektronen abgegeben, um zu testen, ob sich das Band diese als Anode fungierend wieder holen würde. Offenbar ist tatsächlich ein Strom geflossen, auch wenn nicht alles klappte: Diesen Effekt könnte man operationell nutzen, um zusammen mit dem Erdmagnetfeld Schub zu erzeugen (der bei dem Experiment allerdings nicht gemessen werden sollte). Im Gegensatz zu früheren fadenförmigen Weltraumseilen – die immer wieder scheiterten – hat das breite Band den Vorteil, dass ein kleines Stück Weltraummüll es nur punktieren aber nicht gleich durchschneiden würde. (JAXA page 31.8., New Scientist 2., Discovery 3.9.2010)

Mysteriöse Rendezvous-Operationen zwischen zwei chinesischen Satelliten, SJ-12 und SJ-06F, haben sich erst russische und dann amerikanische Beobachter mühsam zusammengereimt, während die Chinesen keinerlei Erklärung dazu abgeben. Ein militärisches Experiment ist das wohl nicht, da sich beide Satelliten nur langsam aufeinander zu bewegten und – vielleicht, da sind die westlichen Tracking-Daten zu ungenau – allenfalls sanft berührten. Vielleicht hatte dies etwas mit Training für künftige Andockoperationen an die kleine Raumstation Tiangong-1 („In rund einem Jahr …“) zu tun, die 2011 gestartet und dann von Shenzhou-Kapseln angesteuert werden soll. So oder so gilt der nahe Flug der beiden Satelliten als bedeutende Leistung. (The Space Review 30., New Scientist, Popular Science, Universe Today 31.8., Discovery 2., Spaceflight Now 8.9.2010. Und AW&ST zu den Rendezvous-Experimenten der schwedischen Prisma-Satelliten [„Die Prisma-Satelliten …“] Mango & Tango)