Archive for the ‘Weltraumobservatorien’ Category

Akatsuki – und Co. – sind auf dem Weg zur Venus!

21. Mai 2010

Die entscheidende Szene, gesehen von einer Videokamera auf der Oberstufe der H-2A-Rakete und zu sehen in einem spannenden Webcast der japanischen Weltraumbehörde JAXA: 27 Minuten nach dem Start macht sich Akatsuki auf den Weg zur Venus, später folgen auf gleicher Route der Sonnensegler IKAROS und der Funktestsatellit UNITEC-1. Bevor die Oberstufe ein zweites Mal gezündet und so Fluchtgeschwindigkeit aus dem Erdorbit erreicht hatte, waren in demselben bereits drei CubeSats ausgesetzt worden. Diesmal war das Wetter besser als drei Tage zuvor gewesen, und die ganze Startsequenz scheint wie am Schnürchen verlaufen zu sein; die einzelnen Satelliten müssen nun natürlich noch eingehend getestet werden. Akatsuki soll nach der Ankunft Anfang Dezember mindestens zwei Jahre lang im Venusorbit arbeiten, IKAROS mindestens 1/2, vielleicht auch ein Jahr auf heliozentrischer Bahn.

Akatsuki (ausgesprochen „A’katzki“) alias Venus Climate Orbiter (VCO) alias PLANET-C ist gewissermaßen Japans Gegenstück zum Venus Express Europas (und nach japanischer Sichtweise sogar wesentliche Motivation für das ESA-Projekt gewesen, das dank Benutzung von viel vorhandener Hardware nur viel schneller auf die Rampe gekommen war). Während der Venus Express den Planeten auf einer Polarbahn umkreist, soll Akatsuki eine 300 x 80’000 km hohe retrograd um 8° geneigte Äquatorialbahn mit 30 Stunden Periode einnehmen, aus der heraus die um den Planeten rasenden Wolken besser erfasst werden können. Auch soll Akatsuki mit gleich 5 Kameras für UV vis IR sowie per Radiodurchleuchtung mit einem ultrastabilen Oszillator an Bord das ganze Wettergeschehen in seiner kompletten vertikalen Schichtung noch systematischer erfassen – und als erster interplanetarer „Wettersatellit“ (und in direkter Kooperation mit dem Venus Express) das Verständnis der Venusatmosphäre erheblich vertiefen. Wie es überhaupt zu der Superrotation kommt, könnte dabei geklärt werden. Und vielleicht gelingen auch endlich direkte Bilder der mutmaßlichen Venus-Blitze.

IKAROS – Interplanetary Kite-craft Accelerated by Radiation of the Sun – soll während des Flugs Richtung Venus nach etwa einem Monat ein 14 x 14 m großes Sonnensegel aus einer nur 7.5 µm dicken Folie aus Polyimiden entfalten, das derzeit noch trickreich um den Satellitenkörper aufgewickelt ist: Dieser wird in Rotation versetzt, so dass sich das 200-m^2-Segel ausbreitet und ohne weitere Mechanik stabilisiert wird. Das wäre schon der erste Erfolg, aber die JAXA will mehr: Durch stellenweise Veränderung der Albedo des Segels und Drehungen des Satelliten durch kleine Düsen ist auch ein wenig Navigation auf der Bahn an der Venus vorbei und um die Sonne möglich. Und Teile des Segels tragen zugleich ultradünne Solarzellen für die Energieversorgung: All das macht IKAROS zum entscheidenen Test für einen solargetriebenen Riesensegler, der in den 2020-ern auf den Weg zum Jupiter und seinen Trojaner-Asteroiden geschickt werden soll. Und weil noch Platz auf dem kleinen IKAROS-Satelliten war, trägt er gleich noch einen Staubdetektor und einen Sensor für kosmische Gamma Ray Bursts. Auch Akatsuki wird übrigens für etwas Bonus-Science genutzt: Seine 2-µm-Kamera wird auf den Weg zur Venus den Zodialkalstaub beobachten.

Nachrichten aus der Raumforschung kompakt

2. Mai 2010

Das Hubble Space Telescope feierte seinen 20. „Geburtstag“ (also Jahrestag des Shuttle-Starts am 24.4.1990) u.a. mit diesem reichlich heftig bearbeiteten Ausschnitt aus dem Carina-Nebel (sind HST-Aufnahmen etwa romantischer Malerei vergleichbar …?), der Möglichkeit, hunderttausende Hubble-Bilder von Galaxien zu klassifizieren, einem Wettbewerb zu Hubble in der Pop-Kultur – und dem Aufruf an seine Fans, Gedanken über Hubble zu formulieren, die dann zusammen mit den echten Daten im HST-Archiv landen sollen …

Das JWST hat seine Mission Critical Design Review passiert

Das gilt als der „signifikanteste Meilenstein der Mission“ des voraussichtlich im Juni 2014 startenden nächsten großen Weltraumteleskops der NASA: Weil es nie komplett am Boden getestet werden kann, sind eine redundanter Modellierungs- und Analyse-Tools erforderlich, um das Funktionieren im Orbit zu gewährleisten. Sieben Jahre wird bereits am James Webb Space Telescope gearbeitet, 2011 soll das Design des Satelliten endgültig abgesegnet werden, und 2012 beginnt dann der Zusammenbau der drei Hauptelemente Instrumentenmodul, Teleskopoptik und Satellitenstruktur. (NASA Release, Feature, AW&ST 28.4.2010. Und Space.com zu anderen Ideen für große Weltraumteleskope)

Umbau des Alpha Magnetic Spectrometer verzögert Ende des Shuttle-Programms

Eigentlich sollte das AMS diesen Juli endlich zur ISS gebracht werden – doch angesichts der möglicherweise bis mindestens 2020 verlängerten Lebensdauer der ISS und eventuell auch technischer Bedenken (da sind sich die Quellen uneins) hat man sich kurzfristig entschlossen, den komplexen supraleitenden Magneten des schweren Detektors gegen den schwächeren Permanentmagneten auszutauschen, der 1998 schon einmal bei einem AMS-Test im Shuttle mitflog. Nicht nur gibt es nun Diskussionen, ob das eine gute Idee ist: Der Umbau verspätet auch die Auslieferung des AMS an die NASA so weit, dass der Startkalender für die letzten drei Missionen umgestrickt werden musste. Danach soll das AMS nun Mitte November – eigentlich sollten die Shuttles zum 30. September, dem Ende des Finanzjahres 2010, eingemottet sein – auf der allerletzten Mission dabei sein. Und es könnte passieren, dass der Start sogar in das Kalenderjahr 2011 rutscht. (Nature News 28., Space Today 27., CollectSpace 26.4.2010)

Astronomie-Ballon bei Fehlstart in Australien zerstört

Ein Auto umgeworfen, zwei Zuschauer nur knapp unbeschadet davon gekommen, die Nutzlast in Scherben: Das ist die Bilanz des Fehlstarts eines Forschungsballons in Australien, der das Nuclear Compton Telescope bis in 37 km Höhe tragen sollte. Die langwierige Befüllung des Ballons mit Helium hatte am Morgen des 29. April verspätet begonnen, und der Wind war stärker geworden – was dann genau passierte, ist noch rätselhaft. Und ein Blog über das Experiment ist plötzlich nicht mehr zugänglich … (StratoCat-Webseite über Stratosphärenballons mit detaillierten Spekulationen, NASA Statement, ABC, NT News, Space.com, Discovery, Telegraph, Nature Blog, Science Blogs, Spiegel 29.4., New Scientist 1.5.2010)

Zwei-Satelliten-Koronograph funktioniert … im Labor

Als Vorarbeit für den Koronographen auf der ESA-Mission Proba 3 hat seit dem 15.9.2009 eines jener StarTiger-Teams („Neuartiges Satellitenkonzept“) in einem Labor in Marseille ein maßstabsgerechtes Modell eines Satellitenpaares aufgebaut, bei dem einer millimetergenau in die Sichtlinie des anderen manövriert wird, auf dass dessen Teleskop eine permanente Sonnenfinsternis erlebt. Und da sich der Occulter außerhalb der Optik befindet, gibt es viel weniger Streulicht als in einem traditionellen Koronographen, so dass auch die innere Korona zugänglich wird – wenn ein derartiges Satellitenpaar in 150 m Abstand von einander ‚installiert‘ wird. Die betont bürokratiearme StarTiger-Methode hat sich nun bereits mehrfach bewährt und soll ab jetzt regelmäßig bei der ESA angewendet werden. (ESA Release 27.4.2010) NACHTRAG: später Artikel dazu. NACHTRAG 2: Der Formationsflug wird schon mal simuliert – aber erst 2014/15 soll Proba 3 starten.

ESA-Erdsatellit ERS-2 schon 15 Jahre im Einsatz

Eigentlich war er nur für drei Jahre ausgelegt, aber der am 21.4.1995 gestartete 2. „European Remote-Sensing“-Satellit ist – dank gelegentlicher Fernwartung seiner Instrumente – auch heute noch voll aktiv. Auch der Vorgänger ERS-1 war langlebiger als erwartet gewesen, so dass die beiden gemeinsam mit SAR-Interferometrie experimentieren konnten: eine Technik zur hochgenauen Vermessung der Erdoberfläche, die ERS-2 auch in mehreren Kampagnen zusammen mit seinem Nachfolger Envisat betrieben hat (und es dieses Jahr wieder tun wird). Seinen 77’777. Erdorbit hat ERS-2 kürzlich absolviert, und noch bis mindestens 2011 soll er betrieben werden. (ESA Press Release 21.4.2010. Auch zum Startvertrag für den 4. Earth Explorer „Swarm“ und einen weiteren Satelliten)

Der deutsche Satellit TanDEM-X hat alle Tests bestanden

und wird am 11. Mai auf die Reise nach Baikonur geschickt, wo er am 21. Juni auf einer Dnepr starten soll: Danach wird der Radarsatellit ein Team mit TerraSAR-X (siehe Artikel 458) bilden und gemeinsam per SAR-Interferometrie (wie sie ERS-2 und Co. einst erprobten) die gesamte Erdoberfläche in 3D kartieren, mit einem Gitternetz von 12 Metern und einer Höhenpräzision von besser als 2 Metern. Wie TerraSAR wird auch TanDEM – was für „TerraSAR-X add-on for Digital Elevation Measurement“ steht – als Public-Private Partnership betrieben: Das DLR und Astrium teilten sich die Kosten (59 bzw. 26 Mio. Euro), dafür werden die Daten dann vermarktet – z.B. an Kartographen in aller Welt. (DLR PM, Alles was fliegt 29.4.2010, DLR-Blog zur Mission)

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

11. April 2010

Ein Ausschnitt aus der Galaxie M 66 im Löwen, zusammengesetzt aus Bildern der Hubble-Kamera ACS im Nah-IR, bei H-Alpha und im Grünen, aber so ‚abgemischt‘, dass ungefähr natürliche Farben herausgekommen sind. Zu erkennen sind die asymmetrischen Spiralarme und der ‚verrutschte‘ Kern der Galaxie: Daran sind wohl die beiden Nachbargalaxien schuld.

Ein kurzes Vergnügen für SOHO-„Zuschauer“ bot in der Nacht vom 9. zum 10. April ein neuer sonnenkratzender Komet, der binnen weniger Stunden kam und verging (in Bewegung). NACHTRAG: War wohl wieder mal einer aus der Kreutz-Gruppe – von der z.Z. ziemlich viele im Anflug sind.

Die Saturnmonde Janus und Epimetheus (individuell anklicken für Details!): ganz neue Rohbilder von Cassini vom 7. April aus 75’000 bzw. 102’000 km Entfernung, entstanden im Umfeld eines ungewöhnlich nahen Dione-Encounters und auch hier und hier beschrieben.

Und schon wieder hat der MRO eine Lawine erwischt, im Moment des Abgangs (siehe auch hier): Vermutlich handelt es sich bei diesem Phänomen um gefrorenes CO2, dem der kommende Frühling seine Stabilität geraubt hat – es scheint eine regelrechte Lawinen-Saison zu geben.

Ein Ausschnitt aus der ersten Aufnahme der Vollerde durch den neuesten Wettersatelliten der USA, GOES-15 („Neuester …), entstanden am 6. April – hier lohnt sich das Anklicken für die Vollversion auf jeden Fall. Nach fünf Monaten Tests wird die NASA den Satelliten der Wetterbehörde NOAA übergeben, die ihn ersteinmal in Reserve halten wird. Das Bild kommt gerade recht zum 50. Jahrestag des ersten Wettersatelliten überhaupt, Tiros 1, der nicht ganz so scharf sah und an dessen Start am 1. April 1960 ein NASA Release, ein Artikel aus New Jersey und Science 26.2.2010 S. 1085-6 erinnerten.

Hyperspektraltechnik revolutioniert die Erdbeobachtung

So hieß es jedenfalls kürzlich auf einem Kongress: Die wesentlichen Vorteile eines abbildenden Spektrometers gegenüber den operierenden Multispektralsystemen mit ihren wenigen und breiten Spektralkanälen liegen in der erheblich verbesserten Genauigkeit bei der Erfassung von Oberflächenmaterialien und in der einzigartigen Detektion von Mineralen. Pioniere waren die Satelliten EO-1 der NASA und PROBA-1 der ESA, und bald gibt’s die nächste Generation. (PM der ESA 31.3.2010)

Das Fortschreiten des Frühlings aus dem Orbit verfolgt das Medium Resolution Imaging Spectrometer auf dem Envisat, das empfindlich auf die Veränderungen an der Vegetation reagiert. Was früher nur ein Hobby von Naturbeobachtern war, ist heute ein Mosaiksteinchen mehr bei der Beurteilung der Auswirkungen des Klimawandels. (ESA Release 1.4.2010)

CubeSail: Weltraum-Besen vor erstem Test Ende 2011

Der Demonstrator passt in eine Kiste von 10 x 10 x 30 cm und kostet – inklusive Huckepack-Start – nur rund 1 Mio. Euro: der CubeSail, den die Univ. of Surrey mit Mitteln von Astrium baut und der Ende 2011 in einem 700-km-Orbit mit einem cleveren Mechanismus ein 5 x 5 Meter großes Segel mit gerade einmal 3 kg Masse entfalten soll. Erst wird damit ein bisschen Solar Sailing mit dem Strahlungsdruck der Sonne getestet, dann das Segel auf maximalen Luftwiderstand gedreht, um den winzigen Satelliten gezielt zum Absturz zu bringen. Solche Systeme könnten eines Tages routinemäßig auf Satelliten und Raketenoberstufen montiert werden, um sie nach dem Ende ihrer Missionen zügiger aus dem Orbit zu kegeln, was allerdings immer noch etliche Jahre dauert. Und eine spätere Variante – die vielleicht 2013 erprobt wird – könnte sich auch an ältere „unkooperative“ Satelliten ankleben, um deren Ende zu beschleunigen. (Univ. of Surrey Release 25., BBC, Guardian, New Scientist 26., Discovery 28., Nature Blog 29., AW&ST Blog 30.3.2010) NACHTRAG: noch ein Nachzügler.

Test des Raumgleiters X-37B weiter für den 19. April geplant: Das geheimnisunwitterte „Orbital Test Vehicle“ („Test des unbemannten …“) von 1/4 der Größe des Space Shuttle wird auf einer Atlas V starten und nach einigen Monaten aus dem Orbit zurückkehren. Weder über die technischen Details noch den Zweck des Ganzen ist viel bekannt … (Status; Spaceflight Now 2., CSM, SpacePorts 4.4.2010) NACHTRAG: Jetzt heißt es, 20. April.

Südkorea versucht es im Juni erneut

mit dem Start einer eigenen Rakete, nachdem die Premiere vergangenen Sommer gescheitert war („Fehlschlag …“): Erneut wird eine erste Stufe aus Russland angeliefert, die damals funktioniert hatte – aber dann war die Hälfte der Nutzlastverkleidung hängen geblieben. Auch die koreanische zweite Stufe hatte zwar funktioniert, aber das half dann nichts mehr. (Spaceflight Now 31.3.2010) NACHTRAG: Der Start wurde auf den 9. Juni festgesetzt – obwohl der Fehlschlag nie ganz aufgeklärt wurde.

Der erste Start einer Falcon 9 ist in den Mai gerutscht, frühestens den 8.5.: Zwar hatte der Triebwerkstest auf der Rampe am Cape im 2. Anlauf gut geklappt, doch dann war ein Problem mit der Selbstzerstörungsanlage entdeckt worden. (Status; Orlando Sentinel Blog 2., Space News, Space.com 3., Raumfahrt-Zeitung 5.4.2010)

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

7. April 2010

Bizarres Temperaturmuster auf Saturnmond Mimas

Der Cassini-Vorbeiflug an Mimas im Februar hat nicht nur interessante Bilder im sichtbaren Licht geliefert, sondern auch eine bemerkenswerte Temperaturkarte des CIRS-Instruments, die rechts dem visuellen Bild überlagert wurde. Die Oberfläche ist ausrechnet am Morgen (linker Rand) mit 92 Kelvin am ‚wärmsten‘, und die Grenze zwischen der warmen Zone – von der man leider nicht weiß, wie weit sie sich auf die Rückseite fortsetzt – und dem mit 77 K deutlich kühleren Rest verläuft ausgesprochen scharf und mit einem Knick. „Eigentlich“ hätte es in der Mitte des Mimas-Scheibchens am wärmsten sein sollen, aber hier fällt nur der große Krater Herschel als moderater ‚Hotspot‘ mit 84 K auf. Das absonderliche Temperaturmuster muss etwas mit der thermischen Trägheit des Bodens zu tun haben, aber eine offensichtliche Erklärung erschließt sich nicht: Schon werden weitere Cassini-Beobachtungen dieses überraschend interessanten Saturnmonds vorbereitet und sogar spezielle Messungen von der Erde aus. (JPL Release, Planetary Society Blog 29., Space Today 30.3.2010)

Der Bau der Raumsonde Juno zum Jupiter hat begonnen, bei LockMart in Denver: Gestartet werden soll im August 2011, mit der Ankunft 2016. Neun Instrumente – die in den nächsten Monaten integriert werden – soll sich um Innenleben, Atmosphäre und Polarlichter des Riesenplaneten kümmern. (JPL Release 5.4.2010)

Spirit offenbar in erwarteten Winterschlaf gefallen

Am 30. März hat sich der Marsrover bei Kontakten im Wochenrhythmus nicht beim Orbiter Odyssey gemeldet, wie zuletzt am 22.3.: Damit dürfte Spirit nunmehr in einem Low-Power-Modus angekommen sein, der eigentlich zu überleben sein müsste. Zumindest hat die Bordelektronik fabrikneuer MER die tiefsten Temperaturen, die nun vor Spirit liegen, überstanden, doch nach über 2200 Marstagen mit ihren harschen Temperaturzyklen sieht es vielleicht anders aus. Noch ist man am JPL jedoch voller Optimismus, dass sich Spirit in einigen Monaten wieder melden wird. Und dann darf auch wieder versucht werden, den Rover ganz aus seiner Sandfalle zu befreien und ein wenig herum zu fahren, um neue Bereiche des interessanten Bodens zu erreichen: So lange die relativen Positionsveränderungen auf 1 cm genau bekannt sind (was kein Problem darstellt), wird dadurch die geplante Analyse des Rotationsverhaltens des Mars durch präzise Radiovermessung von Spirits Position auch nicht gefährdet. (Details zum Low Power Mode, JPL Release, Plan. Soc. 31.3., Space Today 1.4., Universe Today 28.3., 2.4.2010) NACHTRAG: Da sitzt Spirit!

Doch 3D-Zoom-Kameras für das Mars Science Laboratory? Aus Kostengründen war die Hauptkamera des nächsten Marsrovers „Curiosity“ 2007 vereinfacht worden, doch inzwischen hat sich die NASA – nicht zuletzt durch den Einfluss des Star-Regisseurs James Cameron, der an der Kameraentwicklung beteiligt ist – eines Besseren besonnen und läßt für 5 Mio.$ doch die alte Version mit 3D-Zoom-Optik und echtem HD-Video mit 10 Bildern/Sekunde bauen: Wenn sie bis Dezember fertig wird, darf sie statt der einfacheren Kamera an Bord. Die meisten technischen Probleme des MSL – Start weiter für Oktober 2011 geplant – scheinen inzwischen gelöst, auch wenn die Leistung der Radioisotopenbatterie etwas zu wünschen übrig lässt. Und auch die Auswahl des Landeplatzes macht Fortschritte; womöglich kommt aber noch ein 5. Kandidat dazu. (MSSS Release 6.4., Air & Space Blog 23., Planetary Soc. Blog 26., Space.com 31.3.2010. Und aktuelle Bilder des MSL in einer Reportage von This Week in Space vom 26.3.2010) NACHTRAG: Nach einem Monat wachen auch andere auf …

Israelisches Astro-Teleskop von indischer Rakete geflogen

Die Anschuldigungen fliegen hin und her: Warum verweigert die indische Weltraumbehörde ISRO plötzlich dem israelischen Weltraumteleskop TAUVEX („Im Januar …“) den Mitflug auf dem Geosynchronous Satellite Launch Vehicle (GSLV), wenn es am 15. April mit einer selbstentwickelten kryogenen Oberstufe den Nachrichtensatelliten GSAT-4 startet. Offiziell heißt es, man habe plötzlich erkannt, dass das Instrument mit seinen 3 UV-Teleskopen aus der geostationären Bahn schlechtere Daten als aus einer niedrigeren liefern werde, weshalb man es auf eine andere Rakete geschoben habe. In Israel mutmaßt man jedoch, dass das GSLV-D3 als zu schwach erkannt worden sei, um die zusätzlichen 80 kg von TAUVEX zu tragen. (Brahmand, Deccan Herald 6., Parabolic Arc 7.4.2010) NACHTRAG: BBC zur Oberstufe. NACHTRAG 2: Parallel Spirals zum Flug.

Nachrichten aus dem Weltraum kompakt

3. April 2010

Saturn mit einem Phasenwinkel von 172°, also praktisch im Gegenlicht, auf einem Cassini-Bild vom 13. Februar in grünem Licht: Licht, das von den obersten Atmosphärenschichten des Planeten gestreut wird, läßt seinen Rand als helles Ringstück aufleuchten – außer wo der B-Ring davor sitzt. Kommende Woche wird Cassini übrigens in rascher Folge dicht am Titan und an Dione vorbei fliegen: Der Dione-Flyby in 500 km Höhe ist erst die zweite Naherkundung überhaupt.

Titans detailliertes Schwerefeld spricht für unvollständige Differenzierung

des Inneren des Saturnmonds: Entweder haben sich Fels und Eis nur teilweise getrennt, oder es gibt einen Kern, in dem eine große Menge Wasser an Sililate gebunden bleibt – ein Mittelding zwischen den Jupitermonden Ganymed und Callisto. Diese Analyse basiert auf vier Titan-Flybys Cassinis, die speziell der Vermessung höherer Komponenten des Schwerefeldes dienten. Offenbar wurde Titan während seiner – vielleicht langgezogenen – Entstehung nie warm genug für eine vollständige Differenzierung. (Iess & al., Science 327 [12.3.2010] 1367-9, Sohl, ibid. 1338-9, JPL Release 11.3.2010)

Auf dem Jupiter könnte es Helium ‚regnen‘, was insbesondere die Abreicherung von Neon in der äußeren Atmosphäre des Planeten erklären würde: Solch ein Modell könnte die Beobachtungen der Galileo-Kapsel – alles angereichert außer He und Ne – gut erklären. Die beiden Elemente vermischen sich leicht und würden als Tröpfchen in die Tiefe sinken. (Berkeley, APS Releases 22., Space Today 24.3.2010)

Das Sternentstehungsgebiet Gum 19, aufgenommen im IR (J, H & K, die für die Darstellung B, G und R zugeordnet wurden) mit dem SOFI-Instrument am New Technology Telescope auf La Silla: Der Nebel hat eine dunkle und eine helle Seite, wobei der Stern V391 Velorum mit 30’000 K Oberflächentemperatur für die Beleuchtung und auch sonst noch einige Effekte sorgt.

Ein gewaltiger Weißlicht-Flare auf einem M-Stern

ließ die Helligkeit von YZ CMi am 19. Januar im U-Band um 6(!) Größenklassen anschwellen: Dieser „Mega-Flare“ war einer der energiereichsten und mit über 7 Stunden auch längsten Weißlichtflares, die je bei einem isolierten Stern geringer Masse (Spektraltyp: dM4.5e) beobachtet wurden. (Kowalski & al., Preprint 16.3.2010)

Der Himmel bei 9, 18 und 90 µm Wellenlänge, die B, G und R zugeordnet wurden: ein Ausschnitt aus einer Gesamtkarte des japanischen Satelliten Akari (beim Start Anfang 2006 in Artikel B96 ausführlich vorgestellt), aus der auch Kataloge mit 1.3 Mio. Quellen entstanden sind. Bei 9 µm dominieren noch die Photosphären von Sternen, bei 90 µm kühler Staub; abseits des dichten Bands der Milchstraße sind auch viele extragalaktische Objekte dabei.

Drei Multi-Cycle Treasury Programs für das Hubble Space Telescope

sind Ende Januar ausgewählt worden – aus 39(!) eingereichten Vorschlägen für Intensivbeobachtungen mit dem Weltraumteleskop, nun wo es mit neuen Instrumenten und frisch gewartet auf dem Gipfel seiner technischen Leistungsfähigkeit angekommen ist. Auch wenn das Teleskop jetzt neue Daten einfährt wie nie: Inzwischen wird mehr mit dem Archiv aus fast 20 Jahren als mit neuen Beobachtungen gearbeitet. (MCTP-Homepage, Baltimore Sun 26.3.2010. Auch Plan. Soc. Blog über das Arbeiten mit HST-Archiv-Daten als Amateur, Science News zum 20-jährigen Jubiläum des Starts und Cosmic Log zu diversen Informationsquellen zu Hubble)

Der Orion-Nebel von 3.6 bis 4.5 Mikrometer

2. April 2010

Gewissermaßen als „Fortsetzung“ des VISTA-Bildes von M 42 im ganz nahen IR gibt’s jetzt eine IR-Aufnahme des Orionnebels vom Spitzer Space Telescope: Einem Bild bei 3.6 µm wurde blau, einem mit 4.5 µm orange zugeordnet. In diesen Kanälen liefert Spitzer auch in ‚warmem‘ Zustand noch erstklassige Daten: Hier geht es um die Variabilität junger Sterne und ihre Staubscheiben.

Nachrichten aus der Astrophysik kompakt

28. März 2010

Der Eulennebel M 97 aus Sicht des Teleskops Gemini North mit dem Gemini Multi-Object Spectrograph (GMOS): Das Bild entstand im Rahmen eines kanadischen Schülerwettbewerbs, bei dem der Gewinner in einem Essay beschreiben musste, warum gerade dieses Objekt einer Aufnahme wert sei.

Warum wurde die Umlaufsperiode von U Sco kleiner nach dem vorletzten Ausbruch?

Während die wiederkehrende Nova 1999 ausbrach, nahm die Bahnperiode der beiden beteiligten Sterne geringfügig ab – während man doch eigentlich erwarten sollte, dass sie zunimmt, weil Materie aus dem System geschleudert wird und Drehimplus davonträgt. Ein kompliziertes Modell mit einem starken Magnetfeld, das die Materie in Korrotation zwingt, könnte den 1999-er Effekt vielleicht erklären: Der aktuelle Ausbruch von U Sco sollte es testen können. (Martin & al., Preprint 22.3.2010. Und Simonson, Simostronomy 12.1.2010 über die wiederkehrende Nova T Pyx, die uns nicht bedroht …)

Symbiotischer Stern V407 Cyg erlebt(e) hellen Nova-Ausbruch: Normalerweise ist er nicht heller als 13 mag. und oft sogar schwächer als 17 mag., doch Mitte März widerfuhr dem kuriosen Stern plötzlich ein klassischer Nova-Ausbruch, der ihn bis zu 6.8 mag. hell werden ließ; inzwischen sind’s nur noch 10 mag. (Simonson, Sky & Tel. 23., Fischer, Cosmos4U 22., Simonson, Simostromony 21.3.2010. Und ein NRL Release über den Satelliten Fermi als msec-Pulsar-Entdecker)

Eine 3D-Karte des Interstellaren Gases

in 300 pc Sonnenumgebung ist durch Messung von Absorptionsfeatures in Richtung von 1857 Sternen erstellt worden: Die Local Cavity ist demnach von zahlreichen Filamenten teilweise ionisierten Gases durchzogen und hat auch eine löchrige „Wand“ – hier führen „Tunnel“ wieder in andere Cavities. (A&A Press Release 9., Centauri Dreams, Discovery 10.2.2010. Und Opher & al., Nature 462 [24.12.2009] 1036-8 und Science@NASA 23.12.2009, 15.1.2010 zum Rand zwischen Heliosphäre und lokalem ISM)

Zwei neue „ultra-schwache“ Begleitgalaxien der Milchstraße sind Pisces II und Segue 3, die in der Sloan Digital Sky Survey aufgespürt wurden: Pisces II hat einen Durchmesser (halbes Licht) von 120 pc, Segue 3 nur von gerade einmal 6 Parsec. (Belokurov & al., Preprint 2.2.2010)

Der Magellansche Strom ist länger als gedacht

Der Gaskanal, der die beiden Magellanschen Wolken verbindet und sich um die Milchstraße windet, ist nach kombinierten Daten mehrerer Radioteleskope ein durchgehendes Gebilde, 40% länger als man bisher wusste und mit 2.5 Mrd. Jahren auch älter. Damit ergibt sich aber auch ein neues Szenario für seine Entstehung: Damals begegneten sich die beiden Nachbargalaxien der Milchstraße, lösten gegenseitig starke Sternentstehung aus – und die nachfolgenden Supernovae trieben das Gas in den Raum. (NRAO Release 4.1.2010)

Zwei weitere „Gezeiten-Ströme“ in der Andromeda-Galaxie sind von der SPLASH-Kollaboration entdeckt worden, die sich mit dem Halo von M 31 auseinander setzt: Auch hier sind Zwerggalaxien zerrissen worden, wie sich nach heutiger Sicht überhaupt der gesamte Halo von Galaxien aus ehemaligen Zwerg-Begleitern zusammensetzt. (UCSC Release 7., Subaru Release 22.1.2010)

Galaxien-Durchmusterung passt zu Allgemeiner Relativität

Drei kosmologische Messgrößen zur räumlichen Verteilung von Galaxien und der Materie insgesamt (die sie durch eine schwache Gravitationslinsenwirkung auf ferne Galaxien verrät) lassen sich zu einer dimensionslosen Zahl verbinden, die im wesentlichen proportional zur mittleren Dichte des Alls und umgekehrt proportional zu Wachstumsrate von großen Strukturen ist: Ihr Wert beträgt nach einer neuen Analyse der Sloan Digital Sky Survey 0.39±0.06 auf Skalen von dutzenden Megaparsec, währen die Allgemeine Relativitätstheorie 0.41±0.03 voraussagt. Damit sind zwar noch längst nicht alle Erweiterungen oder alternativen Gravitationstheorien vom Tisch, manche aber schon. Und Galaxiendurchmusterungen der nächsten 10 Jahre sollten noch viel schärfere Tests ermöglichen. (Reyes & al., Nature 464 [11.3.2010] 256-8, Tyson, ibid. 172-3, Berkeley Release, Physics World, Scientific American 10.3.2010)

Vor 6 Mrd. Jahren sah über die Hälfte der heutigen Spiralgalaxien seltsam aus, zeigen tiefe Hubble-Aufnahmen: Das stützt die Vermutung, dass Galaxien-Verschmelzungen bei der Entwicklug der Spiralen eine gewichtige Rolle gespielt haben. Allerdings war man davon ausgegangen, dass bereits vor 8 Mrd. Jahren die Kollisionsrate stark nachgelassen hatte. Und bei Simulationsrechnungen zur kosmischen Evolution kommt die heutige Hubble-Sequenz der Galaxien auch ohne Fusionen heraus. (R.A.S. Release 8.1., HST Release 4., S&T 16.2.2010)

Nachrichten aus der Astrophysik kompakt

23. März 2010

Ein sehr kühles Binärsystem mit nur 500 K bei einem der Partner

aber leider nur sehr ungenau bestimmten Parametern ist SDSS J1416+13AB: Insbesondere weil die Entfernung noch nicht direkt per Parallaxe bestimmt werden konnte (was wegen der vermuteten Sonnennähe aber bald gelingen sollte), sind die Massen von 30 und 75 Jupitern und Temperaturen von 500 bis 600 und 1500 K der beiden Braune Zwerge noch mit einiger Vorsicht zu genießen. (Burningham & al., Preprint 25., Scholz, Preprint 28., Herts, R.A.S. Releases 29.1., Welt der Physik 2.2.2010)

Mehrere Wege führen wohl zu ‚Blue Stragglern‘ in Kugelsternhaufen, zeigen Untersuchungen an M 30 und NGC 188: Sowohl Sternkollisionen bei besonders hoher Sterndichte wie auch verschmelzende Binärsysteme können diese unerwartet massereichen Sterne produzieren. (Davies/Ferraro & al./Mathieu & Geller, Nature 462 [24.12.2009] 991-2/1028-35, ESA HST, ESA Releases 23.12.2009)

Schon wieder eine neue Klasse von Nova-Explosionen

ist identifiziert worden, eine Unterklasse der schwachen und schnellen Novae, die einem speziellen Suchprogramm mit dem 60″-Spiegel des Palomar Observatory für schnelle Veränderliche ins Netz ging und Eigenschaften hat, die man bisher nicht kannte. In Absoluthelligkeit wie Geschwindigkeit spannen Novaexplosionen jeweils zwei Größenordnungen auf – und ihre Eigenschaften scheinen von gleich vier Parametern (Masse des Weißen Zwergs, Temperatur, Chemie und Akkretionsrate) abzuhängen. (Kasliwal & al., Preprint 8.3.2010)

Der Ausbruch von P Cygni im 17. Jh. kam durch Massentransfer von einem B-Stern zustande, der den Luminous Blue Variable begleitet, sagt ein neues Modell – nachdem alle großen Ausbrüche dieser LBVs durch Wechselwirkung mit einem Begleiter verursacht werden. (Kashi, Preprint 23.2.2010)

Neue Supernova-Klasse mit Helium-Detonation auf einem Weißen Zwerg beobachtet?

Die SN 2002bj entwickelte sich außergewöhnlich schnell, erreichte eine Helligkeit von -18M und hatte ein Spektrum, das nur entfernt an eine Supernova des Typs Ia erinnerte: Vielleicht steckte ein bis dahin nur vermuteter Vorgänger dahinter, eine Detonation von Helium auf einem Weißen Zwerg, bei der nur wenig Material abgesprengt wird. Dieser noch wenig erforschte Mechanismus wird auch aus „.Ia SNe“ bezeichnet, weil nur 1/10 der Helligkeit einer typischen Ia erreicht wird und auch die Dauer der Explosion nur 1/10 so lang ist. (Poznanski & al., Science 327 [1.1.2010], Keck, Berkeley, NSF Releases 5.11.2009)

Relativistische Geschwindigkeiten in Supernova-Explosionen sind bei SN 2009bb vom Typ Ibc und SN 2007gr (Ic) nachgewiesen worden: So etwas kannte man bisher nur von Sternexplosionen, bei denen es auch zu einem Gammaburst kam, aber das war hier nicht der Fall. (Soderberg & al./Paragi & al., Nature 463 [28.1.2010] 513-8, CfA, NASA, JIVE, NRAO Releases, Megan’s Blog 27.1.2010)

Die Röntgenhelligkeit der SN 1987A in der LMC steigt immer weiter

mit fortschreitendem Eindringen der Schockwelle der Supernova in den zirkumstellaren Ring um das Vorgängersystem, zeigen XMM-Beobachtungen über die Jahre: Die Entstehung eines frischen Supernovarests kann weiter in allen Einzelheiten verfolgt werden! Inklusive solcher Details wie der Veränderung von Plasma-Parametern über die Jahre hinweg. (Sturm & al., Preprint 9.2.2010)

Eine „Hubble-Diagramm“ mit Supernovae des Typs II-P, das nur um 0.1 bis 0.15 mag. streut und diesen Typ Sternexplosionen als mögliche Standardkerze für kosmische Entfernungsmessungen hat sich im Nahen Infraroten aufstellen lassen: Da korreliert nämlich die absolute Maximalhelligkeit schön mit der Expansionsgeschwindigkeit. Ob die II-er SNe allerdings den Ia-SNe das Wasser reichen können, wird sich noch zeigen müssen. (Maguire & al., Preprint 16.12.2009)

Die Sternentstehungsrate der Milchstraße liegt bei 2/3 bis 1 1/2 Sonnenmassen im Jahr

Das ergibt sich aus der Statistik von rund 20’000 Young Stellar Objects, die im Rahmen der Himmelsdurchmusterung GLIMPSE des Spitzer Space Telescope – neben 100 Mio. anderen Sternen – gezählt wurden. Da die Milchstraße heute 100 Mrd. Sterne enthält, muss die Sternbildungsrate früher einmal wesentlich höher gewesen sein, für eine ausgewachsene Galaxie ist eine Sonnenmasse pro Jahr aber ein typischer Wert. (Spitzer Press Release 10.3.2010)

Das Magnetfeld nahe des Galaktischen Zentrums hat mindestens 50 µG, hat eine neue Analyse des nichtthermischen Radiospektrums ergeben, und wahrscheinlich liegt der Wert sogar nahe 100 µG: Über 10% der magnetischen Energie der Galaxis würden dann in weniger als 0.05% ihres Volumens stecken. (Crocker & al., Nature 463 [7.1.2010] 65-7)

Massen von Andromeda-Galaxie und Milchstraße nicht zu unterscheiden

Auch die Bahnen zahlreicher Zwerggalaxien im Orbit um die beiden Galaxien haben nicht zu entscheiden geholfen, welche die größere Masse hat: Die der Milchstraße kann demnach irgendwo zwischen 1.2 und 2.7 Billionen Sonnenmassen liegen – entweder über oder unter der den deutlich besser zu bestimmenden 1.3 bis 1.6 Billionen Sonnenmassen von M 31. (Watkins & al., Preprint 24.2.2010)

Junge Galaxie torpedierte ihre eigene Sternentstehung: In SMM J1237+6203 kam es schon früh zu derart heftigen Explosionen, dass alles für die weitere Sternentstehung nötige Gas schlicht hinaus geblasen wurde. (R.A.S. Press Release 10.3.2010)

Eis-Teleskop IceCube „sieht“ den Schatten des Mondes

Das Neutrinoteleskop am Südpol hat mit 40 ‚Strings‘ voller Photomultiplier zum ersten Mal eine Empfindlichkeit erreicht, dass sich die Abschattung der Kosmischen Strahlung durch den Mond tatsächlich bemerkbar macht: Es schießen weniger Myonen durch den überwachten Eisblock. (Boersma & al., Preprint 7.3.2010)

Aktive Galaxien sorgen für weniger als 30% der Gamma-Hintergrundstrahlung, die der Fermi-Satellit sieht: Zwischen 0.1 und 100 GeV spielen die ehemals führenden Kandidaten für die Gesamtheit dieses schwachen extragalaktischen Glühens nur eine minimale Rolle, hat die aufwändige Analyse der Beobachtungen – der helle galaktische Vordergrund musste sorgfältig subtrahiert werden – ergeben. (LAT Collaboration, Preprint 3., NASA News 2.3.2010)

Astronomie im Weltraum kompakt

21. März 2010

So sieht der Satellit Planck den kalten Staub der Milchstraße: Für diesen 55° langen Streifen wurden Daten mit den beiden kürzesten Wellenlängen 540 und 350 µm mit einer alten IRAS-Karte bei 100 µm kombiniert. Der meiste Staub im Bild – in Rot der kälteste, um 12 Kelvin; der andere ist auch nur ein paar Dutzend K warm – befindet sich innerhalb von 500 Lichtjahren Entfernung. Eine andere Kombi-Karte kalten Staubes gab es letztes Jahr – die neue ist natürlich nur ein ‚Abfallprodukt‘ der eigentlichen Planck’schen Kartierung der Hintergrundstrahlung. (ESA Science, ESA, JPL, STFC und Jodrell Bank Releases, Planck Blog, BBC, Space.com, LichtEcho 17., Spiegel 18.3.2010)

Regelmäßig weitere Pretty Pictures vom IR-Satelliten WISE, die während seiner Himmelsdurchmusterung anfallen, erscheinen nun – nach dem ersten Schwung – inetwa wöchentlich in einer Galerie: hier z.B. die Sternentstehungsgebiete Berkeley 59 (oben) bzw. IC 1805 (unten), wo jeweils das Sternenlicht den Staub aufheizt. Während der Durchmusterung hat WISE auch schon ein halbes Dutzend Kometen entdeckt sowie tausende Kleinplaneten im Hauptgürtel wie auch in Erdnähe, darunter einige mit besonders niedriger Albedo. Und wer weiß, was sonst noch im Sonnensystem lauert … (AstroBiology 11., Cosmic Diary 8., Planetary Soc. Blog 7., New Scientist 5., Lakdawalla LPSC Tweet 3.3.2010) NACHTRÄGE: Science@NASA über WISEs zahlreiche Asteroidenfunde und Cosmic Diary zum Status der Durchmusterung.

Planetenjäger Kepler ein Jahr im Orbit

Bisher hat er 5 Exoplaneten entdeckt und zwei anfangs rätselhafte heiße Sternbegleiter (siehe ISAN 103-11), bei denen es sich nach weiteren Analysen um Weiße Zwerge zu handeln scheint. Womöglich wird Kepler in seinen Lichtkurven auch den einen oder anderen Kometen in unserer eigenen Oort-Wolke nachweisen können. Bis auf gelegentliche kurze Safe Modes läuft die Mission mit regelmäßigen Downloads der Daten recht reibungslos, allerdings sind zwei der 42 CCDs gestört und bis auf weiteres außer Betrieb. (JPL Release 4., Sky & Tel. 1.3., Scientific American 19., Mission Manager Update 8.2., 19.1.2010. Und SF Chronicle und Space.com im Sommer 2009 über den Mann hinter Kepler, Bill Borucki) NACHTRAG: ein NASA Blog mit Details zum CCD-Ausfall – glücklicherweise an der Peripherie des FOV.

Exoplaneten: noch einer, dann sind es 444

20. März 2010

Die bekannteste Enzyklopädie der Exoplaneten verzeichnet im Augenblick 443 Planeten in 352 Planetensystemen, von denen 41 mehr als einen enthalten, und auch auf der DPG-Tagung in Bonn waren die fremden Welten u.a. Gegenstand einer Session und eines Symposiums mit Übersichtsvorträgen.

  • Da er auf der Tagung bereits 1 1/2 Stunden vor der allgemeinen Veröffentlichung vorgestellt wurde, darf die Entdeckung von CoRoT-9b hier an erster Stelle genannt werden: Dies ist natürlich nicht der erste gefundene jupiterähnliche Exoplanet in größerem Sternabstand und mit ‚gemäßigten‘ Temperaturen, sondern der erste dieser Art, der zugleich im Transit beobachtet wird. Das legt nicht nur seine Bahnneigung und damit die Masse exakt fest sondern erlaubt auch die Ableitung eine Fülle weiterer Daten: So ergibt sich aus den Transit-Lichtkurven der Durchmesser des Planeten, womit man auch seine Dichte kennt, etc. (SYEW 1.1)

  • Auch die Exoplaneten CoRoT-8b, -10b und -11b sind bereits im Kasten, aber noch nicht veröffentlicht (wie auch in dieser ESA-Präsentation auf Seite 19 zu sehen ist): Artie Hatzes wagte daher ob der strengen CoRoT-Regularien nicht, etwas Näheres über diese Funde des kleinen französischen Satelliten (siehe ISAN 34-2) zu verraten. Sein Erfolg als Exoplanetenjäger überrascht umso mehr, da er sich ursprünglich nur um Sternschwingungen kümmern sollte und die Planeten nachträglich ‚an Bord‘ kamen, um überhaupt seine Finanzierung zu schaffen … (SYEW 1.1)

  • Mehr und mehr der CoRoT-Daten werden inzwischen öffentlich verfügbar und können hier heruntergeladen werden. Die Analyse der tausenden Sternlichtkurven beginnt mit dem Eliminieren vom CCD-Gain-Veränderungen durch Treffer Kosmischer Strahlung, gefolgt von einer sehr flexiblen Suche nach Periodizitäten, um eine Vielzahl möglicher Exoplanetenbahnen erfassen zu können. Nach einem Fund (etwa 40 Kandidaten werden z.Z. analysiert) geht es – zusammen mit vielen erdgebundenen Beobachtungen – um die Bestimmung von Radius, Masse, Dichte, Atmosphäre und Bahnstörungen durch andere Planeten, während auch eventuelle Aktivität des Stern selbst charakterisiert werden muss. (EP 11.2)

  • Wieviele Planeten umkreisen den Stern CoRoT-7 außer der berühmten Super-Erde CoRoT-7b? Der aktive Stern macht die Analyse ungewöhnlich schwer (siehe ISAN 78-4 und 94-2), und so gibt Hatzes jetzt erneut andere Massen an: 6.9, 12.4 und 16.7 Erdmassen für die Planeten 7b, 7c und 7d. (SYEW 1.1) Der 3. Planet wartet nach wie vor auf seine Aufnahme in o.g. Enzyklopädie, wo man auch noch die ‚alten‘ Massen 4.8 bzw. 8.4 Erden (1 Jupiter = 318 Erden) findet.

  • Nach – einfachen! – Modellrechnungen zum Innenleben von CoRoT 7-b ist dieser eher ein „Super-Mond“ als eine „Super-Erde“: ein felsiger und trockener Körper mit einer erdähnlichen Dichte von 5.6±1.3 g/cm^3, einem Kern mit weniger as 15% wt. (Erde: 33%) und über 1000°C Oberflächentemperatur. (EP 11.3) Sollte der Planet allerdings Gezeitenkräften unterliegen, sähe alles ganz anders aus, und wir hätten es – siehe ISAN 102-9 – eher mit einem Super-Io zu tun, und vielleicht war der Planet früher auch viel massereicher.

  • Allmählich gibt es so viele Exoplaneten, dass sich – trotz z.T. krasser Auswahleffekte bei der Suche – allerlei statistische Trends erkennen lassen. So scheint es einen Mangel an kurzperiodischen massereichen Planeten zu mit weniger als 0.03 AU Sternabstand zu geben: Die ersten derartigen Fälle, WASP-18b und -19b, wurden erst 2009 entdeckt. Nach Modellrechnungen in Köln könnten Gezeitenkräfte derartige Planeten innerhalb von weit unter 1 Mrd. Jahren so nahe an ihre Sterne ziehen, dass sie die Roche-Grenze erreichen und zerrissen werden. Supererden wie CoRoT-7b und GJ 1214b aus ISAN 100-8 droht dieses Schicksal aber nicht. (EP 11.1)

  • Die Suche nach – einfachen – „Biomarkern“ in den Atmosphären von Exoplaneten ist gar nicht so schwer: Die Erde z.B. weist CO2, H2O und O3 auf, Venus und Mars dagegen nur CO2. Und Modellrechnungen für diverse Sterntypen und Planetenmassen legen nun nahe, dass das James Webb Space Telescope die wichtigsten Bestandteile der Atmosphären vieler Exoplaneten nachweisen können sollte, wenn man nur Spektren von genügend Transits aufaddiert. Insbesondere O3 bliebe gut erkennbar, selbst in sehr wolkigen Atmosphären. (EP 11.6)

  • Exoplaneten können ihren Stern zusätzlich „leuchten“ lassen, ebenso wie es Io, Europa und Ganymed mit dem Jupiter machen, in dessen Polarlichtern sie „Fußabdrücke“ hinterlassen: Derselbe Mechanismus – v.a. über den Poynting-Fluss, also Plasmawellen – funktioniert auch bei Exoplaneten. Der Stern HD 179949 könnte so z.B. zu ‚überschüssiger‘ Emission bei 395 nm gekommen sein. Erste Modellrechnungen passen sowohl zum Jupitersystem wie zu diesem Stern, wobei jeweils nur ein paar % der Energie im UV-Licht landen. (EP 11.5)

  • Microlensing ist zwar eine der exotischsten Techniken der Exoplanetenjagd, aber auch diejenige mit den vielleicht interessantesten statistischen Aussagen – und alle Einwände sind haltlos, man muss halt nur gut genug die Lichtkurven messen (wozu auch – siehe z.B. ISAN 58-4 – Amateurastronomen beitragen). So war etwa das Microlensing, das die Häufigkeit ‚kalter Neptune‘ aufzeigte oder zu der Aussage führte, dass hochgerechnet etwa jeder sechste Stern ein Planetensystem wie unseres hat. (SYEW 1.2)

Schon einem halben Jahr wird es an genau demselben Ort – dem Hauptgebäude der Universität Bonn – im Rahmen der Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft – (auch) wieder um Exoplaneten gehen, u.a. im Rahmen eines Splinter-Meetings, dessen Programm erst im Sommer festgelegt wird: Wer weiss, wo der Exoplaneten-Zähler dann wohl stehen wird …