Archive for the ‘Weltraumobservatorien’ Category

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

14. März 2010

Vier europäische Satelliten warten auf ihre drei Dnepr-Starts auf zwei Startplätzen

Probleme mit der ukrainischen Trägerrakete halten derzeit gleich mehrere europäische Projekte der Weltraumforschung auf. Der Flugcomputer der Rakete für den CryoSat 2 („Russische Chirurgin …“) muss neu programmiert werden, um der 2. Stufe mehr Schub zu verschaffen: Diesen Monat wird wohl nicht mehr – in kasachischen Baikonur – gestartet. Das Satellitenpaar Prisma aus Schweden für Experimente im Formationsflug und der französische Sonnenforscher Picard sollen zusammen auf einer Dnepr im südrussischen Yasny starten, was frühestens um den 13. April gelingen dürfte – denn es gibt Zoff mit Kasachstan, auf dessen Territorium Raketenteile fallen werden. Und erst wenn CryoSat 2 unterwegs ist, kann – frühestens Ende Mai – eine Dnepr in Baikonur den deutschen TanDEM-X starten, der mit TerraSAR-X zusammen interferometrische Radarbeobachtungen der Erde machen soll. (Spaceflight Now 10.3.2010)

Zwei X-Flugzeuge vor Hyperschalltests: Dieses Jahr ist nicht nur der geheimnisvolle militärische Mini-Shuttle X-37B („Test des unbemannten …“) an der Reihe, sondern auch der Hyperschall-Demonstrator X-51, der schon Ende März das erste Mal fliegen könnte. Eine Art Nachfolger der X-43A, die zweimal 2004 für Sekunden Mach 7 bzw. 10 erreichte: Diesmal soll es vier Testflüge bis Herbst geben, nicht ganz so schnell, dafür aber unter realistischeren Bedingungen. Und wieder verschwinden die Scramjet-tragenden Flugzeuge anschließend jeweils im Meer. Fernziel dieser Forschungen könnte ein Single-Stage-to-Orbit-Vehikel für die Raumfahrt sein. (SpacePorts 14.3.2010 zum X-37B und Space News 26.2. = Space.com 9., Welt 5.3.2010 zum X-51) NACHTRAG: Die X-37B wird möglicherweise am 19. April fliegen – ein kurzer TV-Clip dazu.

Tatsächlich Wasser in den Gesteinsproben von Apollo

Nicht nur per Fernerkundung lässt sich Wasser auf dem Mond finden: Auch im bei den Apollo-Missionen eingesammelten Mondgestein gibt es signifikante Mengen, wie sich allerdings erst jetzt sicher nachweisen ließ. Nach ersten Hinweisen in vulkanischen Glasperlen 2008 ist jetzt deutlich mehr in Apatit-Kristallen in dunklem Basalt aus den Mond-Maria gefunden worden: Das Mondinnere muss zehntausende mal mehr Wasser enthalten haben als bisher gedacht, wenn auch immer noch Zehnerpotenzen weniger als die Erde – was eine Fülle von Fragen aufwirft. (Nature News 464150a, Nat’l Geogr., New Sci. 9., Space.com 11.3.2010)

Die Mission des ICESat der NASA ist vorbei, denn das letzten Oktober ausgefallene Laser-Altimeter – auch der letzte der 3 Laser hatte sich verabschiedet – hat sich nicht wieder einschalten lassen. Der Satellit hatte das polare Eis systematisch vermessen aber auch andere Daten über die Erde, von Baumhöhen bis Aerosolen, geliefert. Einen Nachfolger könnte es 2015 geben. (NASA Mission Page 24., Spaceflight Now 25.2.2010)

Ein Weltraumteleskop aus 88 Spiegeln à 2 m auf Satelliten in engem Formationsflug

mit 30 Metern effektivem Durchmesser: Das ist ein exotisches Konzept eines „strukturlosen Teleskops“ über das derzeit im Hinblick auf die nächste Generation von Weltraumsternwarten nachgedacht wird („Scharfe Bilder fremder Erden …“), die die Exoplaneten-Forschung vorantreiben könnten. Wie schon beim Hubble Space Telescope, das nächsten Monat 20 wird, stehen auch hier Konzepte aus der Welt der Aufklärungssatelliten Pate: Ein derartiger Riesenspiegel auf einer hohen Umlaufbahn wäre weniger angreifbar als die heute üblichen Fotosatelliten auf niedrigen Bahnen und würde doch dieselbe Bildschärfe auf der Erde liefern. (Discovery News 11.2.2010)

2009 wurden weltweit 68 Milliarden Dollar für die Raumfahrt ausgegeben, 36 Mrd.$ für zivile Projekte (+9%) und 32 Mrd.$ für militärische (+12%). Mit 49 Mrd.$ dominierten die USA bei weitem, gefolgt von Europa mit 8 Mrd.$ und Japan und Russland mit je 3, China mit 2 und Indien mit 1 Mrd.$. (Space News 25.2.2010)

Und wieder stürzte ein Komet in die Sonne

13. März 2010

Auf diesem Bild von gestern um 18:42 MEZ hatte der Kreutz-Komet – der 3. helle Sungrazer in kurzer Zeit – auf seinem Sturzflug in die Sonne (die gerade eine Coronal Mass Ejection erlebte) just den Rand der Koronographen-Blende von LASCO C3 auf dem Sonnensatelliten SOHO erreicht. Rechts hell der Planet Merkur. NACHTRAG: das Ganze aus der Sicht von LASCO C2. NACHTRAG 2: Vom 11.-13. März sind sogar in rascher Folge vier Kreutz-Kometen in die Sonne gestürzt! NACHTRAG 3: Der Kometensturz vom 12.3. aus STEREO-Sicht. NACHTRAG 4: Dieser Komet konnte sogar bis in die Chromosphäre verfolgt werden!

Nächstes Rosetta-Ziel Lutetia verwirrt Asteroidenforscher

Am 10. Juli wird die ESA-Kometensonde Rosetta am Kleinplaneten (21) Lutetia vorbeifliegen – und trotz mehrerer Spektroskopie-Kampagnen im Vorfeld des letzten derartigen Abstechers ist der Typ des Asteroiden unklar geblieben. Metallisch, wie man früher einmal dachte, ist er sicher nicht, aber wohl auch kein Enstatit-Chondrit – doch auch zu einem kohligen Chondriten passen die Messungen nicht recht. Noch nicht einmal die Albedo des rund 130 x 100 x 80 km großen Körpers ist eindeutig betimmt, dürfte aber um 0.2 liegen – und seine Gestalt scheint „nicht-konvex“ zu sein, m.a.W.: Da gibt es wohl einen großen Einschlagskrater. (Weaver & al., Preprint 23.12.2009, Belskaya & al., Preprint, Perna & al., Preprint 9., Science Blogs 11.3.2010) NACHTRAG: noch ein Artikel.

Bald heißt es Abschied nehmen von Rosettas Zielkomet 67P, der erst wieder kurz vor dem Orbit-Eintritt wieder gut zu beobachten ist: ein Bild vom 10.3. mit viel Schweif(?), ein Bild vom 8.3., ein kommender enger Vorbeiflug an einer Galaxie und ein Modell der Staubkoma von Churyumov-Gerasimenko.

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

7. März 2010

Nur ein Sonnensatellit kann die Jupiter/Merkur-Konjunktion verfolgen, die sich gerade bei sehr geringer Elongation abspielt – hier ein SOHO-LASCO-C3-Bild von heute, 15:42 MEZ. Erst zum Monatsende wird der Merkur am Abendhimmel, später dann der Jupiter am Morgenhimmel wieder auftauchen. NACHTRAG: Falsch gedacht – gerade meldet sich ein Extrem-Astrofotograf aus dem Ruhrgebiet mit der erfolgreichen Ablichtung des Planetenpaares heute Mittag am Taghimmel …

Die nächste Mission zur Venus startet am 18. Mai

Dieses Datum hat jetzt die japanische Raumfahrtbehörde JAXA für ihren Satelliten AKATSUKI („Japanischer Venusorbiter …“) alias Venus Climate Orbiter alias PLANET-C bekannt gegeben. Und weil die H-IIA noch eine Menge Kraft übrig hat, werden auch gleich noch mit IKAROS ein Demonstrator für einen Sonnensegler mitgenommen – wie ihn dieses Jahr auch noch die NASA („Doch ein Wiederflug …“) und die Planetary Society starten wollen – sowie vier andere Kleinsatelliten. (JAXA Release 3.3.2010; auch neue JAXA-eigene Interviews zu den Missionen Akatsuki und Ikaros) NACHTRÄGE: Prompt wird mehr über Ikaros (und das LightSail) geschrieben. Und Akatsuki wurde vorgezeigt, kurz bevor es zum Startgelände ging.

Neue Aufnahmen des kleinen Saturnmonds Helene sind Cassini zwar gelungen, doch etwas stimmte mit dem Pointing nicht ganz – manchmal ist der Mond nur teilweise zu sehen. (Planetary Society Blog 5.3.2010; auch frühere Bilder und eine Helene-Sichtung 2009 mit Amateur-Mitteln) NACHTRAG: warum Helene Ärger machte.

Neuester US-Wettersatellit im Orbit, wieder mit Röntgenteleskop

Auch der neueste Geostationary Operational Environmental Satellite, GOES-P, den in der Nacht vom 4. zum 5. März eine Delta 4 in den Orbit brachte, ist wieder mit einem Solar X-ray Imager (SXI) ausgestattet: schon das dritte dieser Röntgenteleskope zur Überwachung der Sonne und ihrer Ausbrüche. Am 13. März soll GOES-P seinen endgültigen Orbit erreicht haben und wird dann GOES-15 genannt – und dann, nach ausgiebigen Tests, erstmal in Reserve gehalten, falls einer der anderen GOES Probleme macht. (NASA Release, noch einer, Spaceflight Now, Universe Today 4., Space Today 5.3.2010. Bilder vom Start – der überraschend in die Nacht rutschte – gibt’s hier, hier und hier und von der Rampe hier) NACHTRAG: Mit Erreichen des Zielorbits hat die Umbenennung in GOES-15 stattgefunden.

Testspiegel für das Webb-Teleskop ‚unter Weltraumbedingungen‘ poliert: Erfolgreich ist jetzt ein Spiegelsegment der Art wie die 18 für den Hauptspiegel des James Webb Space Telescope auf seine korrekte Form poliert worden, die es unter simulierten eisigen Weltraumbedingungen unter Beweis stellen konnte – ein weiterer Meilenstein für das hochkomplexe Projekt („Meilensteine“). Um einen Skandal wie bei Hubble zu vermeiden, wird jedes Segment vier unterschiedlichen Tests unterworfen werden … (NASA Release 2.3.2010)

Prototyp italienischen Weltraumflugzeugs vor Ballon-Abwurf

Vielleicht noch diesen Monat wird ein Ballon in 24 km Höhe das experimentelle Fluggerät „Pollux“ ausklinken, das dann mit bis zu Mach 1.2 allerlei Manöver durchführen soll, bis sich in 5 km Höhe ein Fallschirm öffnet: 500 Sensoren messen dabei, wie es einem Weltraumflugzeug bei der Rückkehr aus dem Orbit ergehen würde. (Space.com 1.3.2010. Der Triebwerkstest der ersten Falcon 9 am Cape scheint derweil für morgen geplant zu sein) NACHTRAG: noch ein Artikel zur Falcon – deren Test aber verschoben wurde.

Das weitere Testprogramm für das Space Ship Two sieht den ersten Abwurf vom Trägerflugzeug White Knight Two im 3. Quartal dieses Jahr vor, gefolgt vom ersten Düsenflug noch vor Jahresende und vielen weiteren Tests 2011. Die ersten Weltraumtouristen dürfen vielleicht schon Ende 2011 an Bord, eher aber erst 2012 oder 2013 – da hält man sich bei ‚Virgin Galactic‘ noch sehr bedeckt. Finanziell steht man jedenfalls – dank vieler ‚Anzahlungen‘ und eines arabischen Investors – gut da und plant den Bau von gleich sechs SS2-Schiffen. (The Space Review 1., SpaceNews, Reuters, AP 3., The National 4.3.2010)

Nachrichten aus der Raumfahrt kompakt

28. Februar 2010

Das Zentrum der Großen Magellanschen Wolke aus Sicht von Herschel und Spitzer, wobei der erstere IR-Satellit bei 250 µm (hier der Rotkanal) warmen Staub beisteuerte, während Spitzer bei 4.5 und 24 µm (blau bzw. grün) Stern bzw. die Bildung massereicher solcher zeigt. Die Herschel-Beobachtungen erfolgten im Rahmen eines Heritage-Programms, das detaillierte Zusammenhänge zwischen Staub und Sternentstehung aufdecken soll. (Herschel Blog 28.2.2010)

Satellit Planck schon bei der zweiten Durchmusterung der Kosmischen Hintergrundstrahlung

Am 14. Februar war der – zusammen mit Herschel gestartete – europäische Kosmologiesatellit mit der ersten kompletten Aufnahme des Himmels im Radiobereich fertig geworden und hatte sofort mit der zweiten begonnen, die in sechs Monaten komplett sein sollte: Damit wäre die Primärmission erfüllt. Planck ist aber so sparsam mit seinem Kühlmittel umgegangen, dass noch zwei weitere Komplettbilder der Kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung möglich sein sollten, die die ESA auch schon genehmigt hat. Mit viermal demselben Bild lässt sich besser nach systematischen Störeffekten suchen, was wiederum eindeutigere kosmologische Aussagen verspricht. (Planck Blog 28.2.2010)

Russland erwägt des Bau eines neuen Sonnen-Satelliten der Koronas-Serie, nachdem Koronas-Foton allzu schnell ausgefallen war („Sonnensatellit …“). Die Entwicklungsarbeit für den neuen Koronas könnte mit den nun eingesparten Mitteln für den Betrieb des kaputten finanziert werden, doch für den Bau – und einen Start um 2014 – wäre mehr erforderlich. (Russian Space Web Update Februar 2010) NACHTRAG: Komplett aufgegeben hat man Koronas-Foton aber noch nicht, hieß es im März. NACHTRAG 2: Aber im April war’s dann so weit.

Der Saturnmond Janus, zwischen Ringen und Rhea: Auf diesem Ausschnitt aus einer Cassini-Aufnahme vom Nov. 2009 ist der kleine Mond hinter den Ringen kaum zu erkennen und steht zugleich vor Rhea – letzterer Mond wird übrigens am 2. März angeflogen – Minimalabstand nur 100 km! – und schon am nächsten Tag die kleine Helene mit 1800 km Abstand. (CICLOPS Release 26.2.2010)

Das Deep Space Network der NASA wird allmählich modernisiert

An Stelle der drei alten 70-m-Schüsseln für die Kommunikation mit fernen Raumsonden wird bis 2025 eine neue Generation von 34-m-Antennen des „beam wave guide“-Typs treten, die flexibler eingesetzt werden können. In der ersten Phase des Projekts entstehen in der DSN-Station von Canberra drei dieser Antennen bis 2018: Man beginnt in Australien, weil die Deklinationen aller in nächster Zeit relevanten Planeten in den kommenden Jahren weit nach Süden driften. (JPL Release, Planetary Society Blog 25.2.2010) NACHTRAG: Zuerst wird aber mal die alte 70-m-Schüssel von Goldstone auf Vordermann gebracht. NACHTRAG 2: noch’n Artikel zu den diversen Upgrades.

3D-Marsbilder aus 3D-Aufnahmen mit Photoklinometrie alias „shape from shading„: Nur durch Analyse von Hell und Dunkel bei bekanntem Sonnenstand kann man ein Geländemodell erzeugen – und so z.B. ein berühmtes MRO-Bild eines Lawinenabgangs auf dem Mars in 3D-Versionen verwandeln. (Universe Today 25.2.2010. Und Cosmic Log über den Planungsstand für Mars Sample Returns)

Der allerletzte Test eines Space-Shuttle-Boosters fand am 25. Februar in Utah statt: Es war der 52., seit das Testprogramm 1977 begann. 258 Instrumente maßen dabei 43 verschiedene Parameter, um auch die Sicherheit der letzten vier Shuttle-Starts sicher zu stellen. Der 123-Sekunden-Test war ein weiteres von vielen „lasts“ des Shuttle-Programms, die in diesen Monaten abgehakt werden. (NASA Behind the Scenes 25.2.2010. Und Spaceflight Now 26. und 24.2.2010 zum Status der Startvorbereitungen der 1. Falcon 9)

Zwei „Flagschiffe“ zur Demonstration neuer Technologien für die bemannte Raumfahrt

mittels unbemannter Planetenmissionen könnte die NASA schon ab Ende 2011 bauen und um 2014 zum Mond (ein in Echtzeit ferngesteuerter Rover) und zu einem Asteroiden o.ä. starten – wenn sich der aufmüpfige Kongress mit dem neuen Kurs anfreunden kann. Jede dieser Missionen, denen weitere folgen sollen, würde zwischen 400 Mio. und 1 Mrd.$ kosten und sicher auch etwas Wissenschaft mit abwerfen. Andere Technologietester würden sich mit autonomem Andocken, Betankung im Weltraum, Präzisionslandung, Nutzung auf Himmelskörpern vorhandener Ressourcen und aufblasbaren Habitatmodulen usw. beschäftigen, wobei letztere an die ISS angedockt werden könnten. Zusätzlich gäbe es laut den am 22.2. ergänzten NASA-Budget-Dokumenten noch eine ganze Serie von schnellen Test-„Scouts“ für nur 100 bis 200 Mio.$ pro Flug. Und das aufgelöste „Institute for Advanced Concepts“ würde wiederbelebt. (Spaceflight Now 22., The Launch Pad, Space Politics, New Scientist 23., San Francisco Chronicle 24.2.2010)

Dürfen DLR und OHB In-Orbit-Servicing von Satelliten ausprobieren? Noch ist die „Deutsche Orbitale Servicing Mission“ (DEOS) nicht genehmigt, aber OHB ist schon mal aus Hauptkontraktor dieses Experimentalsatelliten ausgewählt, bei dem sich zwei Satelliten trennen und dann einer den anderen wieder einfängt und zum Eintritt in die Erdatmosphäre zwingt. (OHB PM, Space News 24.2.2010, Tagesspiegel 17.7.2008. Und Discovery 25.2.2010 zu ähnlichen NASA-Plänen) NACHTRAG: noch mehr zum zweiten Projekt.

Extragalaktische Nachrichten kompakt

18. Februar 2010

Die Hickson Compact Group 31 aus Sicht der ACS des HST: In dieser Galaxiengruppe haben die Zwerggalaxien bis vor etwa 10 Mio. Jahren „gewartet“, um zusammen zu finden und dabei neue Sterne zu bilden. Später wird wohl auch aus diesem Galaxienknäuel einmal eine große Elliptische Galaxie – aber ’normalerweise‘ hat so etwas schon vor vielen Jahrmilliarden stattgefunden. Dies jedoch ist quasi die kosmische Gegenwart: Die Gruppe ist nur 166 Mio. Lichtjahre entfernt.

Typische Galaxien waren früher 3- bis 10-mal gasreicher

als ihre heutigen Gegenstücke, zeigen erst kürzlich möglich gewordene Radiodaten des Plateau de Bure Interferometer von Galaxien mit z=1.2 bis 2.3, als das Universum 40 bis 24% seines heutigen Alters hatte. Aus den Halos muss lange Zeit Gas in großer Menge nachgeliefert worden sein, sonst wäre der Anteil nicht auch bei z=1 noch so hoch gewesen. (Tacconi & al., Nature 463 [11.2.2010] 781-4, Blain, ibid. 745-6, MPG PM, UA Release 10., The SpaceWriter 18.2.2010)

Die erste hydrodynamische Simulation, bei der richtige Zwerggalaxien herauskommen, hat jede Menge physikalische Prozesse berücksichtigen können, die sonst unter den Tisch fallen: Es sind starke Ausflüsse von Supernovae, die Gas aus den Zwergen treiben, die Bildung von Bulges verhindern und dafür sorgen, dass die Dichteprofile nicht ‚cusped‘ sondern ‚cored‘ sind. Eine ganze Reihe Probleme scheinen auf einen Schlag gelöst. (Governato & al., Nature 463 [14.1.2010] 203-6, Geha, ibid. 167-8, UW News, Physics World 13., BdW 14.1.2010)

Eine neue Formel zur Beschreibung der Spiralarme von Galaxien

geht weg von der altbekannten logarithmischen Spirale und erlaubt einen variablen Steigungswinkel, wird aber trotzdem durch nur einen Parameter bestimmt (der gut mit dem Hubble-Typ korreliert). Die Gestalt realer Spiralgalaxien wird durch diesen zunächst rein mathematisch motivierten Trick tatsächlich besser beschrieben – aber was das Ganze physikalisch bedeuten soll, ist noch völlig offen. Zum klassischen Dichtewellen-Bild passt ein variabler Steigungswinkel nicht so recht; vielleicht hat’s was mit der Dunklen Materie zu tun … (Ringermacher & Mead, M.N.R.A.S. 397 [2009] 164-71, AAS-Pressekonferenz in Washington, D.C., USA, 7.1.2010: Screenshots aus einem Webcast Nr. eins und zwei)

Galaxien-Population mit „Virtuellem Observatorium“ entdeckt: Kompakte elliptische Galaxien zeichnen sich durch geringe Größe und hohe Sterndichte aus und entstehen vermutlich aus größeren Systemen, die durch Gezeiteneffekte viel verloren haben (tidal stripping). Mit dem VO sind jetzt 21 dieser Galaxien aufgespürt worden, deren Eigenschaften zu dem stripping-Szenario passen. (Chilingarian & al., Science 326 [4.12.2009] 1379-82)

Schon mal ein kosmisches Infrarotbild mit 44,4 Megapixeln gesehen?

17. Februar 2010

Hier ist eins, zwecks Darstellung in drei verschiedenen Ausschnitten aus dem 6666 mal 6666 großen Originalbild (15 MB): So sieht der neue Infrarot-Satellit WISE die Andromeda-Galaxie, ein Falschfarbenbild von 3.4 bis 22 µm Wellenlänge. Ausgewachsene Sterne erscheinen dabei in Blau, während Gelb und Rot warmen Staub zeigen, den junge, massereiche Sterne aufgeheizt haben. Dieses Bild gehört zu einer ganzen Reihe spektakulärer Early Release Observations, die heute vorgestellt wurden: JPL und NASA Releases und Jubel von Discovery und Bad Astronomy.

Negativ-Beobachtung des Chandra-Satelliten spricht für verschmelzende Weiße Zwerge statt Akkretion auf einen Weißen Zwerg als Mechanismus der Supernovae des Typs Ia

Weil das Chandra X-Ray Observatory in fünf Elliptischen Galaxien und der Zentralregion – dem Bulge – der Andromeda-Galaxie weit weniger Röntgenpunktquellen findet (und die Strahlung um einen Faktor 30 bis 50 geringer ist), als zu erwarten wären, wenn von einem normalen Begleiter akkretierende Weiße Zwerge die Ursache der Typ-Ia-Supernovae wären, lautet die Schlussfolgerung: Stattdessen stecken „bis auf wenige Prozent“ der Fälle Verschmelzungen zweier Weißer Zwerge dahinter, die vorher ein enges Paar bildeten und ineinander spiralierten. Das wäre in dreifacher Hinsicht „unbequem“: Zum einen ist dieser Verschmelzungsprozess – obwohl schon länger als Alternative zur Akkretion vorgeschlagen – weit weniger theoretisch oder durch Computersimulationen ergründet als das populärere Akkretions-Szenario (siehe ISAN 77-7 zu einem Indiz dafür). Ebenso sind kaum passende Weiß-Zwerg-Paare bekannt, was freilich daran liegt, dass sie viel schwerer zu finden sind.

Eine Dominanz des Verschmelzungs-Szenarios könnte schließlich auch den Nutzen der Ia-SNe als Standardkerzen schmälern: Im Akkretionsbild hätten die explodierenden Weißen Zwerge immer gerade die Chandrasekhar-Masse erreicht, bei der Verschmelzung ist jedoch die explodierende Gesamtmasse keineswegs festgelegt, weil Weiße Zwerge recht unterschiedliche Massen haben können. Aufgrund der Sorgfalt, mit denen die Erforscher der Dunklen Energie indes „ihre“ Ia-SNe geeicht und Exoten eliminiert haben (und auch, weil die Existenz der DE auf viele andere Weisen abgesichert ist), gibt es jedoch erst einmal keinen Grund zur Aufregung, hieß es auf einer noch andauernden NASA-Telecon. Und vielleicht gibt es doch einen höheren Anteil akkretierender Weißer Zwerge an den Ia-Vorgängern, aber irgendetwas unterdrückt ihre Röntgenemission: Schlussfolgerungen aus einem negativen Resultat sind grundsätzlich ein wenig riskant. (Abstract eines Papers, Chandra Release, weitere Bilder) NACHTRAG: das ganze Paper für alle – so isses recht!

„Pretty Pictures“ von der 215. AAS-Tagung

5. Januar 2010

Sie gilt als das größte Treffen der American Astronomical Society aller Zeiten, und wie immer dient das Meeting auch zur heftigen Verbreitung von astronomischen Neuigkeiten aller Art. Vieles kommt diesmal ohne beeindruckende echte Bilder daher wie die fünf ersten Planetenentdeckungen von Kepler (die dafür ein Schwall Grafiken begleitet), eine mögliche ferne Supernova des Paarvernichtungs-Typs oder die angebliche Erklärung von Epsilon Aurigaes Verfinsterungen. Optisch mehr her machen da schon das Hubble Ultra Deep Field aus WFC3-Sicht oder Chandras Blick auf Sgr A*, vor allem aber – bisher – dies:

Die Kleine Magellansche Wolke, wie sie Spitzer sieht, von 3.6 bis 160 µm Wellenlänge: Nun erscheint sie als „Balken“ aus alten Sternen (links) nebst einem „Flügel“ nach rechts aus jungen Sternen, der sich noch weitter als Gas-„Schweif“ fortsetzt, der aus der Galaxie herausgerissen wurde.

Ein infraroter Blick in das „Herz“ von Eta Carinae in drei Emissionslinien von 1.6 bis 2.2 µm aufgenommen mit Adaptiver Optik und einem Koronographen (NICI) am Gemini-Süd-Teleskop: Der Staub, der das labile Sternsystem einschließt, wird dabei durchdrungen und die komplexe Gestalt der Ejekta (inklusive eines „Little Homunculus“) erkennbar.

Die Sonnenkorona im Licht dreier „heißer Eisen“-Linien während der Totalen Finsternis vom 1.8.2008: R, G und B wurden Fe XI (789 nm), Fe XIV (530 nm) und Fe XIII (1075 nm) zugeordnet. Die Fe-XI-Linie wurde erstmals bei den SoFis 2006, 2008 und 2009 aufgenommen; die stark ionisierten Atome häufen sich z.T. anderswo in der Korona als die Elektronen, die (vermittels gestreuten Photosphärenlichts) für ihren Eindruck im weißen Licht sorgen. (NACHTRAG: ein Artikel zum Korona-Spektrum.) Und was wurde eigentlich aus dem Kometen, der gerade in Korona und Sonne gestürzt ist? Bilder und ein Video zeigen seine letzten Stunden …

Weltraumforschung kompakt

17. Dezember 2009

Am Röntgenbild des Überrests kann man den Typ der Supernova erkennen

Während detonierende Weiße Zwerge bei Supernovae des Typs Ia sehr symmetrische Remants hinterlassen (wie bei Keplers SN rechts), kommt bei einem Kernkollaps eine eher asymmetrische Form heraus (wie bei G292.0+1.8 links): Das ist bei der Untersuchung von 17 SNRn in der Milchstraße und der LMC herausgekommen. Dabei gilt als Symetrie-Kriterium sowohl die Rundheit gilt wie die Spiegelung von Details einer Hälfte in der anderen; ganz perfekt gilt da Gesetz allerdings nicht.

Astronomen beschimpfen Supernova 2006bt: Als „perplexing, troublesome, and possibly misleading“ wird die arme Sternexplosion schon im Titel eines Papers attackiert – denn sie sieht zwar auf den ersten Blick wie ein normaler Vertreter des Typs Ia aus, genau betrachtet steht sie aber völlig isoliert in dieser scheinbar so homogenen Klasse. Wer Ia-SNe als kosmologische Standardkerzen benutzt, darf nicht nur auf die Lichtkurven achten! Um „solche Objekte zu eliminieren.“ (Foley & al., Preprint 1.12.2009)

Erste Supernova des „Paar-Instabilitäts-Typs“ beobachtet?

Die SN 2007bi brauchte mit 70 Tagen ungewöhnlich lange bis zum Helligkeitsmaximum, das mit einer Absoluthelligkeit von -21.3MR rekordverdächtig hoch war, danach ging es langsam wieder abwärts: Mehrere Sonnenmassen radioaktives Nickel-56 waren offenbar dafür verantwortlich, und mehrere Indizien deuten darauf hin, dass hier ein Heliumkern von rund 100 Sonnenmassen explodierte (während der ganze Stern über 140, vielleicht 200 und mehr Sonnenmassen hatte). Als Mechanismus kommt nach Theoretikermeinung nur sogenannte Paar-Instabilität in Frage: Die energiereichen Photonen, die den Kern am Kollaps unter seiner eigenen Schwerkraft hindern, wandeln sich in Elektron-Positron-Paare um. SN 2007bi ereignete sich in einer Zwerggalaxie mit urtümlicher Chemie: Ähnlich könnten die ersten Supernovae des Universums funktioniert haben. (Gal-Yam & al., Nature 462 [3.12.2009] 624-7, auch Langer, ibid. 579-80, LBL und Keck Releases, Weizman PM, Sky & Tel. 2., BdW, DLF 3., KSJ 4.12.2009) NACHTRAG: das Paper als „Pre“print – und ein Artikel dazu.

„Elektroschwache Sterne“ als Übergang zwischen Quarkstern und Schwarzem Loch sind postuliert worden – und leider von ’normalen‘ Neutronensternen mindestens so schwer zu unterscheiden wie die nach wie vor spekulativen Quarksterne. (Dai & al., Preprint 2., arXiv Blog 10., Case Western PR 14.12.2009) NACHTRAG: noch ein Artikel. NACHTRAG 2: Und noch ein Nachzügler. NACHTRAG 3: auch hier: Guten Morgen …

Die frühe optische Strahlung eines Gammabursts war zu 10% polarisiert

Das konnte beim GRB 090102 gemessen werden, auf den sich Minuten nach dem Ausbruch – und ohne jedes menschliche Zutun! – das mit 2 Metern größte robotische Teleskop ausgerichtet hatte. Das spricht für eine gewichtige Rolle von Magnetfeldern bei diesen Sternexplosionen. (Steele & al., Nature 462 [10.12.2009] 767-9; Liverpool Telescope, NASA Releases 9.12.2009) NACHTRAG: ein weiteres Paper von Steele & al. zur Frage, warum dann GRB 060418 unpolarisiert war.

Flare eines Blazars produziert hellste Gamma-Quelle am Himmel: Seit 3C 454.3 Mitte September auszubrechen begann, ist er 10-mal heller geworden und hat den Vela-Pulsar als hellste Quelle abgelöst – jetzt ist das Galaxienzentrum doppelt so hell, obwohl es 7-Mio.-mal weiter entfernt ist. (NASA Release 12.8.2009)

Long Secondary Periods in Roten Riesen bleiben mysteriös

Beobachtungen an 58 Roten Riesen in der LMC passen zu keinem publizierten Modell, das deren Helligkeitsschwankungen auf Zeitskalen von mehreren Jahren – die jeder dritte zusätzlich zur klassischen, schnelleren Pulsation erlebt – erklären würde. Weder gibt es Zeichen für einen zusätzlichen Pulsationsmodus noch Begleiter, die die LSPs auslösen könnten; immerhin kam heraus, dass LSPs zu klumpigem Massenverlust führen. (Nicholls & al., Preprint 17.7., Wood & Nicholls, Preprint 23.10., ESO Release 7., Centauri Dreams 8., DLF 10.12.2009)

Junger LMC-Sternhaufen mit Adaptiver Weitwinkel-Optik porträtiert: Mit dem Multi-conjugate Adaptive optics Demonstrator (MAD) am Very Large Telescope ist ein so großes Himmelsfeld wie noch nie zuvor vom Seeing „befreit“ worden, so dass große Teile von Trumpler 14 scharf abgebildet werden konnten. Dank drei Referenzsternen schärft MAD ein 30-mal größeres Feld als mit nur einem möglich wäre. (ESO Release 3.12.2009)

Schon 12 Forschungsarbeiten über das Hubble Ultra Deep Field aus Sicht der neuen Kamera WFC3

sind bisher verfasst worden, nachdem das schon vom „alten“ Hubble besonders tief aufgenommene Feld im Sternbild Fornax im August insgesamt 173’000 Sekunden oder 2 Tage lang belichtet worden war – siehe auch hier. Diesmal wurde im nahen IR beobachtet: Dadurch ist das Ergebnis zwar weniger scharf als im Sichtbaren, es sind aber ferne Galaxien zu sehen, die dort rotverschiebungshalber schon gar nicht mehr leuchten. (ESA HST, R.A.S. und HST Releases 8., Starts with a Bang 11., S&T 16.12.2009)

Das tiefste Bild des Himmels bei 15 µm Wellenlänge ist mit dem Satelliten Akari entstanden: Dank der Gravitationslinsenwirkung eines Galaxienhaufens konnten ferne Galaxien besser erfasst und dadurch die kosmische IR-Hintergrundstrahlung besser in Einzelquellen aufgelöst werden. (Hopwood & al., Preprint 10.12.2009)

Ein Transneptun aus drei Teilen

ist nach einer neuen Auswertung von Hubble-Aufnahmen (47171) 1999 TC36: Er besteht demnach aus zwei Körpern von grob 290 und 270 km Durchmesser in 900 km Abstand von einander, um die ein dritter Körper von 140 km kreist. Bei keinem anderen bekannten Dreifachkörper im Sonnensystem sind sich die Durchmesser der Teile so ähnlich. (Benecchi & al., Preprint 10.10.2009)

Starke Achsneigung des Uranus auch ohne Impakt zu erklären? Wenn der Planet einmal einen großen Mond hatte, im Rahmen der heute weithin angenommenen ‚Umbaumaßnahmen‘ im frühen Sonnensystem aber verlor, dann könnte dieser für das Kippen der Rotationsachse verantwortlich gewesen sein. Bloß beweisen kann man das natürlich nicht mehr … (Boué & Laskar, Preprint 1., arXiv Blog 3., Discovery 6.12.2009)

Die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse des IR-Satelliten Herschel

16. Dezember 2009

werden morgen und übermorgen auf einem Workshop in Madrid präsentiert, und die meisten Pretty Pictures werden erst am Freitag gezeigt. Aber ein paar Highlights wurden trotzdem schon veröffentlicht: So hat Herschel mit PACS und SPIRE einen tiefen Blick in Sternentstehungsgebiete im Adler riskiert (oben) und dort rund 700 künftige Sterne entdeckt, von denen 100 kurz vor der ‚Zündung‘ stehen – und PACS hat einen Teil des kosmischen Infrarot-Hintergrunds in einzelne Quellen aufgelöst, wobei mehr als die Hälfte dieser Strahlung identifiziert werden konnte. Um in den Bildern Herschels schwelgen zu können, wurde auch ein neues grafisches Portal eingerichtet. NACHTRAG: In den Kommentaren hier mehr Details zum Bild. NACHTRAG 2: weitere Highlights vom Workshop – und Präsentationen en masse … NACHTRAG 3: … sowie ein Bericht von der Tagung.

Hubbles neuer Blick auf den Sternhaufen R136 im 30-Dor-Nebel in der LMC

16. Dezember 2009

Kein Sternentstehungsgebiet in der Milchstraße kann es mit dem 30-Doradus-Nebel in der Großen Magellanschen Wolke aufnehmen, dessen Innenleben und insbesondere Sternhaufen R136 hier von Hubbles neuer WFC3 aufgenommen wurde. Viele der blauen Sterne – die hier besonders strahlen, weil der blaue Kanal in Wirklichkeit UV-Licht entspricht – gehören zu den massereichsten überhaupt, die man kennt: Mehrere haben über 100 Sonnenmassen und werden in wenigen Jahrmillionen schon wieder als Supernovae untergehen.